Recht

Gerichtsverfahren zu Räumungsklagen gegen das Hausprojekt „Rigaer 94“

Das Gericht prüft die Rechtmäßigkeit der Räumungsklagen gegen das besetzte Haus „Rigaer 94“ in Berlin.

Aktivist*innen protestieren vor dem Gericht.

In Berlin-Friedrichshain ist ein unscheinbares, aber historisch bedeutsames Gebäude seit Jahren der Mittelpunkt eines Streits zwischen Eigentümern, Justiz, Politik und linken Aktivisten: die "Rigaer 94". Der Gebäudekomplex, der seit den späten 1990er Jahren zur Berliner Hausbesetzer-Szene gehört, ist ein Symbol der linksradikalen Bewegung und ein Brennpunkt der Konflikte um Wohnraum, Eigentumsrechte und politische Freiräume. Kaum ein anderes Haus in der Hauptstadt war so sehr im Fokus der Öffentlichkeit und wurde so oft von Polizei und Behörden aufgesucht. Im Frühjahr 2025 eskaliert die Situation erneut, nachdem die Eigentümergesellschaft mehrere Räumungsklagen gegen die aktuellen Bewohnerinnen und Bewohner eingereicht hat. Sechs dieser Klagen, die das Amtsgericht Kreuzberg zuvor als unzulässig abgelehnt hatte, sind nun Gegenstand der Verhandlungen des Landgerichts Berlin. Ob das Gericht schon an den ersten Verhandlungstagen zu einer Entscheidung kommt oder ob sich das juristische Tauziehen erneut über Monate erstreckt, ist ungewiss.

Die "Rigaer 94" ist ein Symbol für die Auseinandersetzungen um Gentrifizierung, alternative Lebensformen und den Kampf um Eigentumsrechte in einer sich verändernden Stadt. Während die Eigentümer, eine britische Gesellschaft, ihr Recht auf Verwertung des Objekts einfordert, sehen die Bewohnerinnen und Bewohner das Haus als einen wichtigen Rückzugsraum für alternative Kultur und politische Selbstorganisation. Im Juni 2025 rückte die Polizei mit schwerem Gerät und rund 200 Einsatzkräften an, um die Identität der aktuellen Bewohner zu klären – dieser Einsatz sorgte für Aufsehen in den Medien und im politischen Berlin. Um ihre Erfolgschancen vor Gericht zu erhöhen und die Durchsetzung der Räumungsklagen zu unterstützen, hatten die Eigentümer die Maßnahmen beantragt.

Der Konflikt um die "Rigaer 94" ist jedoch mehr als nur ein Rechtsstreit zwischen Eigentümern und Nutzern; es ist auch ein Politikum, das die Berliner Landespolitik seit Jahren beschäftigt. Immer wieder stehen Innensenat, Polizei, Bezirksämter und Justizbehörden in der Kritik – und zwar aus verschiedenen Richtungen. Während der Eigentümer auf die Hilfe des Staates bei der Durchsetzung seiner Rechte pocht, betonen linke Gruppen die Bedeutung des Hauses als Ort des Widerstands gegen Verdrängung und die Kommerzialisierung des Wohnraums. Das juristische Ringen um die "Rigaer 94" spiegelt somit die gesellschaftlichen Diskussionen über Stadtentwicklung, Wohnungsnot und die Zukunft von Freiräumen in Berlin im Jahr 2025 wider.

Die Geschichte der „Rigaer 94“ – Vom besetzten Haus zum Politikum

Die "Rigaer 94" hat eine bewegte Geschichte, die eng mit der Entwicklung Berlins nach der Wiedervereinigung verknüpft ist. Das Gebäude wurde ursprünglich als gewöhnliches Mietshaus erbaut und geriet in den frühen 1990er Jahren nach dem Mauerfall in den Fokus der Berliner Hausbesetzerbewegung. Während viele Wohnungen in Ost-Berlin leerstanden und die Eigentumsverhältnisse oft unklar waren, ergriffen Aktivistinnen und Aktivisten die Chance, leerstehende Gebäude zu besetzen und alternative Wohn- und Lebensräume zu schaffen. Die "Rigaer 94" wurde 1990 besetzt und ist seitdem schnell zum Zentrum der linksautonomen Szene geworden.

In den kommenden Jahren wurde das Haus zum Wohnprojekt, Veranstaltungsort und Treffpunkt für linke Gruppen. Basisdemokratisch organisierten sich die Bewohnerinnen und Bewohner, gestalteten gemeinschaftlich das Haus und eröffneten im Seitenflügel die "Kadterschmiede", eine Kneipe und einen Veranstaltungsraum, der bis heute als wichtiger Ort der linken Szene fungiert. In der Zwischenzeit haben unterschiedliche Eigentümer versucht, das Objekt zu verwerten oder zu verkaufen. Wegen des fehlenden Mietvertrags der Besetzerinnen und Besetzer und der gescheiterten Legalisierung kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen.

Ab den 2000er-Jahren wurde das Haus immer mehr zum Thema in den öffentlichen Diskussionen über Gentrifizierung und Wohnraumknappheit in Berlin. Mit dem Wachstum der Stadt und dem zunehmenden Interesse von Investoren am Berliner Immobilienmarkt wurden alternative Wohnprojekte wie die "Rigaer 94" zu wichtigen Symbolen im Kampf gegen Verdrängung und steigende Mieten. Die politische Bedeutung des Hauses wuchs, weil es eines der wenigen besetzten Häuser der Hauptstadt war. Die Medien haben die "Rigaer 94" als Symbol für die linksradikale Szene hochstilisiert, was immer mehr Polizeieinsätze und gerichtliche Auseinandersetzungen zur Folge hatte.

Die Eigentumsverhältnisse der "Rigaer 94" waren über die Jahre hinweg unklar. Das Haus hat mehrmals den Besitzer gewechselt, und seit einigen Jahren wird es von einer Gesellschaft aus Großbritannien verwaltet. Die neuen Eigentümer verfolgen systematisch juristische Wege, um die Bewohnerinnen und Bewohner zu Räumungen zu zwingen. Bis zum Jahr 2025 war es trotzdem nicht gelungen, einen Großteil der Besetzungen zu beenden. Die "Rigaer 94" ist somit ein Dauerbrenner in der Berliner Justizlandschaft und ein Symbol für den Streit um alternative Stadtentwicklung geworden.

Juristische Fronten: Eigentumsrechte gegen Nutzungsinteressen

Die aktuellen Debatten über die "Rigaer 94" drehen sich um rechtliche Aspekte, die über den Einzelfall hinausgehen. Die Eigentümergesellschaft beruft sich auf das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht und verlangt die Rückgabe des Hauses. Ihre Argumentation besagt, dass die Nutzung der Räume ohne Mietvertrag unzulässig sei, und daraus folglich ein Anspruch auf Räumung resultiere. In den letzten Jahren haben die Eigentümer mehrfach Räumungsklagen eingereicht, doch das Amtsgericht Kreuzberg hat diese aus formalen Gründen regelmäßig abgelehnt. Die Zweifel an der Aktivlegitimation der klagenden Gesellschaft und die Unklarheiten über die tatsächlichen Besitzverhältnisse wurden von den Gerichten unter anderem kritisiert.

Im Gegensatz dazu betrachten die Bewohnerinnen und Bewohner der "Rigaer 94" sich als legitime Nutzer des Hauses, weil sie es seit Jahrzehnten instand halten und gestalten. Sie beziehen sich auf das Recht auf Wohnraum, die Relevanz des Projekts für die Stadtgesellschaft und die Geschichte der Hausbesetzerbewegung in Berlin. Für sie ist die "Rigaer 94" mehr als ein gewöhnliches Mietshaus: Sie sehen das Projekt als einen wichtigen sozialen und politischen Freiraum, der gegen die Stadtkommerzialisierung verteidigt werden muss. Zusätzlich bringen die Bewohner vor, dass die Eigentümergesellschaft nur aus Renditegründen handle und keinen Bezug zu Berlin oder dem Haus selbst habe.

Die juristische Auseinandersetzung umfasst zahlreiche Verfahren, die immer wieder vor unterschiedlichen Instanzen verhandelt werden. In den letzten Jahren haben die Eigentümer überwiegend auf zivilrechtliche Klagen gesetzt, während die Bewohnerinnen und Bewohner alle verfügbaren Rechtsmittel nutzen, um die Räumung des Hauses zu verhindern oder sie zumindest zu verzögern. Es kommt oft vor, dass formale Fehler in den Klageschriften oder Unklarheiten zur Vertretungsbefugnis der Eigentümergesellschaft angeführt werden. Außerdem gibt es immer wieder Konflikte darüber, wer tatsächlich im Haus wohnt und somit als Beklagter in Frage kommt – eine Problematik, die die Ermittlungsbehörden regelmäßig vor große Herausforderungen stellt.

Im Frühjahr 2025 wird das Landgericht Berlin über sechs Räumungsklagen entscheiden, die das Amtsgericht zuvor als unzulässig abgewiesen hat. Man wird sehen, ob das Gericht diesmal die Ansprüche inhaltlich prüft oder sie erneut aus formalen Gründen abweist. Die Entscheidungen könnten als wegweisend für ähnliche Verfahren in Berlin und darüber hinaus fungieren, weil sie Grundsatzfragen zum Verhältnis von Eigentumsrechten, Wohnraumnutzung und politischer Selbstorganisation behandeln. Deshalb beobachten beide Parteien und die Öffentlichkeit die Ergebnisse der Prozesse mit großer Aufmerksamkeit.

Rolle der Polizei – Großeinsätze und Eskalationen

In den letzten Jahren wurde die Lage um die "Rigaer 94" immer wieder durch spektakuläre Polizeieinsätze begleitet. Für die Berliner Polizei ist das Haus ein besonderer Brennpunkt, weil es dort regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Bewohnern gibt und das Gebäude als schwer zugänglich gilt. Fenster und Türen werden immer wieder verbarrikadiert, und bei Durchsuchungen stoßen die Einsatzkräfte auf Widerstand, der von passivem Ungehorsam bis zu handfester Gewalt reicht. Die Polizei erklärt ihre Einsätze mit der Notwendigkeit, Straftaten zu verfolgen, die Identität der Anwohner festzustellen und die Durchsetzung von Gerichtsbeschlüssen zu sichern.

Ein Großeinsatz im Juni 2025 machte bundesweit Schlagzeilen. Etwa 200 Beamte, darunter Spezialkräfte und mit schwerem Gerät, durchsuchten das Gebäude und identifizierten die aktuellen Bewohner. Die Aktion war sorgfältig vorbereitet und die Behörden begründeten sie mit der Notwendigkeit, die Erfolgsaussichten der bevorstehenden Gerichtsverfahren zu verbessern. Die Eigentümer hatten im Vorfeld auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die tatsächlichen Nutzer des Hauses zu ermitteln, weil immer wieder neue Personen in die Zimmer einzogen oder sich weigerten, ihre Identität preiszugeben.

Es gab einige Zwischenfälle während des Einsatzes. Einige Bewohnerinnen und Bewohner versuchten, der Durchsuchung zu entkommen, indem sie sich in verbarrikadierten Räumen einschlossen oder den Zugang erschwerten. Es wurden Sachbeschädigungen festgestellt, kleinere Brände gelegt, und die Polizei musste teilweise mit Rammböcken und technischem Gerät vorgehen, um Zugang zu erhalten. Vorübergehende Festnahmen von mehreren Personen, darunter auch einigen, die sich als Unterstützer der Hausbewohner zu erkennen gaben, wurden verzeichnet. Im Nachhinein betonte die Polizei, dass der Einsatz notwendig und verhältnismäßig war, um die Identität der Bewohner zu klären und die Voraussetzungen für eine mögliche Räumung zu schaffen.

Die Reaktionen auf den Einsatz der Polizei waren unterschiedlich. Während die Vertreter der Eigentümer und konservative Politiker die Durchsetzung des Rechtsstaats lobten, übten linke Gruppen und einige Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses Kritik an dem harten Vorgehen der Polizei. Sie kritisierten die Behörden dafür, dass sie mit überzogener Gewalt gegen ein alternatives Wohnprojekt vorgehen und die Situation absichtlich eskalieren würden. Der Einsatz wurde auch in den sozialen Medien kontrovers diskutiert; Während einige Nutzer die Polizei unterstützten, brachten andere Solidarität mit den Bewohnern zum Ausdruck und kritisierten eine vermeintliche Kriminalisierung der linken Szene.

In einem herausfordernden Spannungsfeld zwischen der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und der Durchsetzung gerichtlicher Beschlüsse befindet sich die Polizei. Die "Rigaer 94" ist für die Einsatzkräfte ein besonders heikler Ort, weil sie dort mit einer hohen Gewaltbereitschaft rechnen und die Situation schwer einzuschätzen ist. Gleichzeitig ist die Polizei politischem Druck ausgesetzt, der sie dazu zwingt, die Interessen der Eigentümer zu wahren und gleichzeitig die Rechte der Bewohner und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu berücksichtigen. Die Großeinsätze in der "Rigaer 94" illustrieren hervorragend die Schwierigkeiten, mit denen die moderne Polizeiarbeit in der Stadt konfrontiert ist.

Politische Dimensionen – Streit um Freiräume und Stadtentwicklung

Der Streit um die "Rigaer 94" hat sich schon lange zu einem Politikum entwickelt, das über die konkrete Situation des Hauses hinausgeht. In Berlin, wo es bekanntlich viele Subkulturen und alternative Lebenskonzepte gibt, ist die Diskussion über besetzte oder teilbesetzte Häuser immer wieder umstritten. Die "Rigaer 94" ist ein Symbol für den Konflikt um die Zukunft von Freiräumen in einer Stadt, die sich schnell wandelt. Während es für die einen als ein Relikt aus vergangenen Zeiten und als Ärgernis gilt, sehen andere in ihm ein Symbol für den Widerstand gegen Gentrifizierung, Verdrängung und die Kommerzialisierung des urbanen Raums.

Die politische Auseinandersetzung zeigt sich ebenfalls in der Zusammensetzung des Berliner Senats und der Bezirksvertretungen. Während die Innensenat und konservative Parteien wie die CDU und FDP eine strikte Durchsetzung von Eigentumsrechten und gerichtlichen Beschlüssen fordern, sind Grüne, Linke und Teile der SPD für einen sensibleren Umgang mit alternativen Wohnprojekten. Politische Diskussionen über die Integration besetzter Häuser in den regulären Wohnungsmarkt, die Möglichkeit von Legalisierungsmodellen oder die Frage, ob eine vollständige Räumung alternativlos ist, sind immer wieder zu beobachten.

Die Landespolitik sieht sich dem Druck unterschiedlicher Interessengruppen aus. Einerseits verlangen Investoren und Teile der Bevölkerung ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Besetzungen und wollen Immobilien zurück in den regulierten Markt, während andererseits eine große Unterstützerszene den Erhalt der "Rigaer 94" und ähnlicher Projekte fordert. Der Umgang mit der "Rigaer 94" beeinflusst nicht zuletzt, wie Berlin bundesweit als "Stadt der Freiräume" wahrgenommen wird, und hat Auswirkungen auf die Attraktivität für neue Bewohner aus dem In- und Ausland.

Die politische Dimension des Konflikts wird auch durch die Medienberichterstattung sichtbar. Kaum ein anderes Hausprojekt erfährt eine so intensive Begleitung, Kommentierung und Analyse. Immer wieder dient die "Rigaer 94" als Beispiel für Politikerinnen und Politiker, je nach ihrer politischen Sichtweise für eine gelungene oder gescheiterte Stadtentwicklung. Mit der Diskussion um das Haus wird auch darüber gestritten, welche Werte Berlin im Jahr 2025 vertreten soll: Offenheit und Vielfalt oder doch Rechtssicherheit und wirtschaftliches Wachstum.

In diesem Spannungsfeld ist es für die Verantwortlichen schwierig, Lösungen zu finden, die Bestand haben. Während einige Bezirksämter versuchen, als Vermittler zwischen den Fronten aufzutreten und Kompromisse zu finden, bestehen andere auf der konsequenten Durchsetzung von Recht und Ordnung. So bleibt die "Rigaer 94" ein zentraler Punkt für die politischen Konflikte über die Zukunft der Stadt und darüber, wie man mit alternativen Projekten im urbanen Raum umgeht.

Die „Kadterschmiede“ – Symbol, Streitpunkt und Szene-Treff

Ein wichtiger Bestandteil des Konflikts um die "Rigaer 94" ist die "Kadterschmiede", eine Kneipe und ein Veranstaltungsraum, der im Seitenflügel des Hauses untergebracht ist. Die "Kadterschmiede" ist seit ihrem Start Ende 2013 ein wichtiger Treffpunkt für die linke Szene in Berlin und darüber hinaus. Politische Veranstaltungen, Konzerte, Lesungen und Diskussionsabende finden hier regelmäßig statt. Die Betreiberinnen und Betreiber sehen die "Kadterschmiede" als einen selbstverwalteten Raum, der sich der Kommerzialisierung widersetzt und alternative Kultur schafft.

Für die Eigentümer ist die "Kadterschmiede" jedoch ein besonders schwerwiegender Fall von illegaler Nutzung. Ihr Standpunkt ist, dass Betreiber seit mehr als zehn Jahren mietfrei Räume besetzen und damit Eigentumsrechte verletzen sowie gegen Bau- und Sicherheitsvorschriften verstoßen. Die Eigentümergesellschaft hat mehrmals versucht, die Nutzung der Räume gerichtlich zu stoppen, aber bisher ohne Erfolg. In der Vergangenheit haben die Gerichte oft auf formale Fehler in den Klageschriften oder auf die Schwierigkeit verwiesen, die tatsächlichen Betreiber rechtssicher zu identifizieren.

Im Jahr 2025 wird die "Kadterschmiede" erneut verklagt; diese Klage soll im Rahmen der aktuellen Verhandlungen am Landgericht Berlin behandelt werden. Die Betreiber der Kneipe, die als Verein organisiert ist, sehen sich in einem politischen Projekt und heben die gesellschaftliche Relevanz ihres Angebots hervor. Sie weisen darauf hin, dass die "Kadterschmiede" für viele Menschen ein bedeutender sozialer und kultureller Treffpunkt ist, der weit über die Grenzen der linken Szene hinausgeht. Die "Kadterschmiede" hat regelmäßig gut besuchte Veranstaltungen, die auch von Leuten aus dem Kiez und anderen Stadtteilen besucht werden.

Der Streit um die "Kadterschmiede" ist ein typisches Beispiel für die grundsätzlichen Konflikte zwischen alternativen Projekten und den Interessen der Eigentümer sowie der Behörden. Während einige den Erhalt solcher Räume als Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zum sozialen Zusammenhalt betrachten, fordern andere ihre Schließung im Namen von Recht und Ordnung. Die "Kadterschmiede" fungiert somit nicht nur als Widerstandsplatz, sondern auch als ein Zeichen für die immerwährenden Auseinandersetzungen um die Nutzung des Stadtraums und die Wichtigkeit von Freiräumen in einer Stadt, die immer mehr reglementiert und durchökonomisiert wird.

Die Klage gegen die "Kadterschmiede" wird von beiden Parteien genau beobachtet. Falls das Landgericht entscheiden sollte, dass die Nutzung der Räume unrechtmäßig ist und eine Räumung anordnen sollte, wäre das ein harter Rückschlag für die linke Szene in Berlin. Andersherum könnte ein Erfolg der Betreiber als Signal für andere Projekte dienen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. So bleibt die "Kadterschmiede" ein wichtiger Ort im Kampf um die Zukunft der "Rigaer 94" und die Frage, wie viel Raum Berlin 2025 noch für Alternativen bietet.

Verfahrensfragen und Taktiken vor Gericht

Die gerichtlichen Auseinandersetzungen um die "Rigaer 94" sind von komplexen Verfahrensfragen geprägt, die sowohl für die Eigentümergesellschaft als auch für die Bewohner strategisch von Bedeutung sind. In den letzten Jahren haben die Gerichte es immer wieder so gehandhabt, dass sie Klagen abgewiesen, ohne die Ansprüche überhaupt inhaltlich zu prüfen. Oftmals wurden Klagen aus formalen Gründen abgelehnt, etwa weil die Kläger nicht über eine aktive Legitimation verfügten, weil der Nachweis über die Besitzverhältnisse fehlte oder weil Unklarheiten über die Identität der Beklagten bestanden.

Die in Großbritannien ansässige Eigentümergesellschaft hat immer wieder die Herausforderung, ihre Ansprüche gerichtsfest zu dokumentieren. Gerade die Nachweise, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß vertreten wird, und die genaue Bezeichnung der Räumlichkeiten, deren Herausgabe verlangt wird, werden immer wieder gerichtlich überprüft. Es kommt häufig vor, dass Fehler in der Dokumentation oder in der Klagebegründung dazu führen, dass Verfahren schon im frühen Stadium scheitern.

Andererseits machen die Bewohnerinnen und Bewohner der "Rigaer 94" bewusst Gebrauch von den Chancen, die das Zivilprozessrecht bietet, um Verfahren zu verzögern oder ihnen Steine in den Weg zu legen. Sie bestreiten regelmäßig die Aktivlegitimation der Kläger, stellen Anträge auf Akteneinsicht, fordern die Vorlage zusätzlicher Dokumente oder berufen sich auf Verfahrensfehler. Oftmals ist es für die Kläger auch schwierig, die tatsächlichen Bewohner der einzelnen Wohnungen namentlich zu benennen, weil es im Haus einen ständigen Wechsel gibt und viele Nutzer ihre Identität nicht offenbaren möchten.

Ein weiteres Problemfeld betrifft die ordnungsgemäße Zustellung von Klagen und gerichtlichen Entscheidungen. Oftmals ist es nicht möglich, Schriftstücke persönlich zuzustellen, weil die Bewohner nicht erreichbar sind oder ihre Namen fehlen. Dies hat zur Folge, dass es weitere Verzögerungen gibt, und es macht es schwieriger, gerichtliche Beschlüsse durchzusetzen. Immer wieder müssen die Gerichte entscheiden, wie sie mit solchen Fällen umgehen sollen, ohne die Rechte der Beklagten zu verletzen oder die Verfahren ins Leere laufen zu lassen.

Im Frühjahr 2025 stehen insgesamt 13 Verfahren zur Verhandlung, darunter sechs Räumungsklagen, die das Landgericht Berlin behandelt. Ein hohes Maß an juristischem Fingerspitzengefühl ist erforderlich, um die Verfahrensführung zu meistern; es müssen die Interessen der Eigentümer, die Rechte der Bewohner und die Anforderungen an ein faires Verfahren berücksichtigt werden. Die Urteile, die das Landgericht in den nächsten Wochen fällt, könnten wegweisend für ähnliche Fälle in Berlin und anderen Städten sein, in denen besetzte oder teilbesetzte Häuser Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind.

Die Kläger und die Beklagten bereiten sich beide intensiv auf die Verfahren vor. Die Eigentümergesellschaft hofft auf eine schnelle Entscheidung und dass ihre Rechte rasch durchgesetzt werden; die Bewohnerinnen und Bewohner hingegen setzen auf Verzögerungstaktik und hoffen, dass politische Entwicklungen oder öffentliche Unterstützung ihren Verbleib im Haus sichern. Die rechtliche Auseinandersetzung um die "Rigaer 94" ist also ein kompliziertes Ringen um Rechte, Pflichten und die Zukunft eines der bekanntesten Hausprojekte Berlins.

Gesellschaftliche Debatten: Wohnraum, Verdrängung und Stadt für alle?

Der Konflikt um die "Rigaer 94" ist Teil einer umfassenden gesellschaftlichen Diskussion, die Berlin im Jahr 2025 prägt: die Suche nach bezahlbarem Wohnraum, das Thema Verdrängung und die Frage, wie die Zukunft der Stadt für ihre Bewohnerinnen und Bewohner aussehen soll. In den letzten Jahren hat sich die Wohnungsnot verschärft, die Mietpreise steigen unaufhörlich, und immer mehr Menschen fühlen sich durch Luxussanierungen und Investorenprojekte an den Rand gedrängt. In diesem Zusammenhang werden besetzte oder teilbesetzte Häuser wie die "Rigaer 94" zu Symbolen des Widerstands gegen eine Entwicklung, die viele als ungerecht empfinden.

Viele Unterstützerinnen und Unterstützer der Hausprojekte haben nicht nur das individuelle Schicksal der Bewohner im Blick, sondern auch die grundlegende Frage, wem die Stadt gehört und wie sie aussehen soll. Für sie ist die "Rigaer 94" ein bedeutender Freiraum, wo alternative Lebenskonzepte ausprobiert und Solidarität praktiziert werden. Für sie ist die drohende Räumung ein Angriff auf die Vielfalt der Stadt und auf die Chance, sich dem Druck des Marktes zu entziehen.

Gegner der Besetzungen hingegen sind der Ansicht, dass illegale Hausbesetzungen keine Lösung für das Wohnungsproblem seien und dass der Schutz des Eigentums eine unverzichtbare Grundlage für das Funktionieren des Wohnungsmarktes ist. Ihnen ist es wichtig zu betonen, dass es Rechtssicherheit braucht und dass Eigentümer über ihre Immobilien verfügen müssen, damit Investitionen und Sanierungen möglich sind. Sie sehen es so, dass Projekte wie "Rigaer 94" den Wohnungsmarkt blockieren und notwendige Modernisierungen sowie Nachverdichtungen verhindern.

Die Diskussion über die "Rigaer 94" umfasst also auch Fragen der Gerechtigkeit, Teilhabe und der Zukunft der Stadtgesellschaft. Verschiedene Initiativen in Berlin setzen sich dafür ein, alternative Projekte zu bewahren und eine sozialere Stadtpolitik zu schaffen. Sie organisieren Protestaktionen, helfen den Anwohner:innen bei Gerichtsverfahren und suchen den Dialog mit der Politik. Aber gleichzeitig steigt der Druck von der Immobilienwirtschaft und konservativen Kräften, illegale Nutzungen zu beenden und den Wohnungsmarkt zu liberalisieren.

Wie Berlin im Jahr 2025 mit Projekten wie der "Rigaer 94" umgeht, wird ein Zeichen für andere Städte in Deutschland und Europa setzen. Diese Auseinandersetzung spiegelt die Spannungen wider, die zwischen sozialer Verantwortung, wirtschaftlichen Interessen und dem Streben nach Vielfalt und Freiheit im städtischen Raum bestehen. Die "Rigaer 94" ist somit ein gesellschaftlicher Streitpunkt, der weit über Friedrichshain-Kreuzberg hinausgeht.

Perspektiven und mögliche Entwicklungen im Jahr 2025

Der Streit um die "Rigaer 94" erreicht mit den bevorstehenden Verhandlungen vor dem Landgericht Berlin im Frühjahr 2025 einen neuen Wendepunkt. Die Entscheidungen, die jetzt anstehen, könnten den Verlauf der Auseinandersetzung entscheidend prägen. Ein Erfolg für die Kläger könnte es sein, wenn das Gericht den Räumungsklagen der Eigentümergesellschaft stattgibt; dies könnte eine baldige Räumung des Hauses ermöglichen. Alles deutet darauf hin, dass wir in diesem Fall mit neuen Protesten, einer Mobilisierung der Unterstützerszene und vielleicht sogar mit weiteren Polizeieinsätzen rechnen müssen.

Wenn die Klagen hingegen erneut aus formalen Gründen abgewiesen werden, werden die Eigentümer aller Wahrscheinlichkeit nach weitere Rechtsmittel einlegen oder neue Klagen vorbereiten. Die rechtliche Auseinandersetzung könnte sich dann wieder über Monate oder sogar Jahre hinziehen, ohne dass eine endgültige Lösung in Sicht ist. Die Situation für die Bewohnerinnen und Bewohner bliebe ebenfalls unsicher, da jederzeit mit neuen Verfahren zu rechnen wäre. Die Ungewissheit über die Zukunft des Hauses ist eine Belastung für die Nutzer und den gesamten Kiez.

Egal, wie die laufenden Verfahren ausgehen, ist es offensichtlich, dass der Streit um die "Rigaer 94" grundlegende Fragen zur Stadtentwicklung und zur sozialen Gerechtigkeit aufwirft. Zivilgesellschaftliche Gruppen und einige Politiker:innen verlangen immer wieder, dass neue Modelle zur Integration alternativer Projekte in die Stadtstruktur geschaffen werden. Erbbaurechtsmodelle, die Vergabe von Häusern an gemeinnützige Träger oder die Einführung von Sonderregelungen für Projekte mit langjähriger Nutzung stehen zur Diskussion. Es bleibt jedoch unklar, ob und wie solche Modelle umgesetzt werden können, weil sie oft an rechtlichen oder politischen Barrieren scheitern.

Auch im Jahr 2025 bleibt die "Rigaer 94" ein Thema von öffentlichem Interesse. Entwicklungen werden von Medien, Politikern und Stadtforschern aufmerksam verfolgt und sie untersuchen, wie sie die stadtpolitische Debatte beeinflussen. Für viele ist das Haus längst mehr als nur ein Ort des Widerstands: Es ist ein Symbol für den Kampf um eine andere, sozialere Stadt und dient als Prüfstein dafür, wie man mit Konflikten in einer sich verändernden Metropole umgeht.

In den nächsten Monaten könnte die Zukunft der "Rigaer 94" und die Frage, welche Rolle alternative Projekte in Berlin künftig spielen werden, entscheidend geprägt werden. Im Jahr 2025 bleibt die Auseinandersetzung komplex, emotional und grundlegend wichtig für die Stadtgesellschaft.