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Ballonkunstwerk in Potsdam gedenkt spektakulärer Flucht aus der DDR

Eine Ballon-Installation in Potsdam gedenkt mutigen DDR-Fluchten und macht auf die Geschichte der deutschen Teilung aufmerksam.

Bunte Ballons erinnern an Flucht.

Ein sechs Meter hoher, bunter Ballon schwebt seit Anfang 2025 auf dem Vorplatz des Kunsthauses Minsk in Potsdam und erregt die Aufmerksamkeit von Passanten, Kunstfreunden und Geschichtsinteressierten gleichermaßen. Die Installation der Münchener Künstlerin Katharina Gaenssler ist weit mehr als ein auffälliges Kunstwerk im öffentlichen Raum: Sie fungiert als Mahnmal, Denkmal und lädt zur Reflexion über eines der bewegendsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte ein – die spektakuläre Flucht zweier Familien aus der DDR im Jahr 1979 mit einem selbstgebauten Heißluftballon. Die historische Fluchtmittel-Funktion der Ballon-Installation "Up" wird durch ihre Verwandlung in ein bedeutungsvolles Kunstwerk in der Gegenwart geehrt, was eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart schafft. Im Jubiläumsjahr der Deutschen Einheit, das 2025 zum 35. Mal gefeiert wird, wird das Projekt besonders gesellschaftlich relevant.

Das Kunsthaus Minsk, welches auch architektonisch die bewegte Geschichte Potsdams widerspiegelt, stellt sich mit dieser Installation erneut als ein Ort des Gedenkens und des Austauschs dar. Die Ballonhülle, hergestellt nach dokumentierten Schnittzeichnungen und intensiven Stoffanalysen, folgt eng ihrem historischen Vorbild: Der originale Fluchtballon wurde aus Alltagsmaterialien – Regenschirmseide, Taft und Bettwäsche – und über monatelange geheime Näharbeiten zusammengenäht. Heute, fast 50 Jahre später, ist die Nachbildung nicht nur ein Erinnerungsstück an den Mut und die Kreativität der Flüchtenden von damals; sie regt auch an, sich mit aktuellen Themen wie Freiheit, Migration und dem Zusammenleben in der Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Das Begleitprogramm zur Installation beinhaltet unter anderem Workshops für Kinder, thematische Führungen und im Oktober eine Reihe von Filmvorführungen, darunter die bekannte Verfilmung der Ballonflucht. Nach dem Ende der Ausstellung wird die Ballonhülle recycelt und als mobile Sitzskulptur genutzt – ein toller Ansatz, der die Nachhaltigkeit in den Fokus rückt! Das Kunsthaus Minsk setzt ein Zeichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und für die nachhaltige Nutzung von Kunst im öffentlichen Raum.

Die Installation, die bis zum 13. Oktober 2025 zu sehen ist, eröffnet eine Reihe von Veranstaltungen, mit denen Potsdam und das Kunsthaus Minsk die Geschichte der deutschen Teilung und die Bedeutung der Freiheit würdigen. Die Ballon-Installation stellt Fragen, fordert Diskussionen heraus und verbindet auf eindringliche Weise persönliche Lebensgeschichten mit gesellschaftspolitischen Veränderungen. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur und zum öffentlichen Diskurs, besonders jetzt, wo die Themen Flucht und Freiheit in Europa wieder intensiver debattiert werden.

Die historische Ballonflucht von 1979 – Mut, Einfallsreichtum und Gefahr

Im Jahr 1979 gelang zwei Familien eine spektakuläre Flucht aus der DDR: Sie nutzten ihren selbstgebauten Heißluftballon. Als die innerdeutsche Grenze mit Minen, Zäunen und Wachtürmen fast unüberwindbar war, wagten Peter Strelzyk und Günter Wetzel mit ihren Familien einen Schritt, der nicht nur höchste Präzision und technisches Geschick verlangte, sondern auch einen außergewöhnlichen Mut erforderte. Monatelang planten und bauten sie heimlich einen Heißluftballon, um aus dem kleinen thüringischen Ort Pößneck im Schutz der Nacht über die Grenze nach Bayern zu fliegen.

Eine der größten Herausforderungen war die Beschaffung der Materialien. Um keinen Verdacht zu erregen, wurden Regenschirmseide, Taft und Bettwäsche in kleinen Mengen und unter größter Geheimhaltung erworben. Um den Ballon herzustellen, war sowohl handwerkliches Geschick als auch ein gutes mathematisches Verständnis gefragt; nur ein genau berechneter und gefertigter Ballon konnte die acht Personen sicher über die DDR-Grenze tragen. Obwohl die erste Flucht im Juli 1979 wegen technischer Probleme scheiterte, gaben die Familien nicht auf und versuchten es im September erneut. An einem stürmischen Abend, dem 16. September 1979, startete der Ballon und legte in etwa 30 Minuten rund 28 Kilometer bis zur westdeutschen Grenze zurück. Die gefährliche Fahrt endete nahe Naila in Bayern, wo die Flüchtenden von der westdeutschen Polizei aufgegriffen wurden.

Die Flucht erregte international Aufsehen und wurde schnell zum Symbol für den Freiheitswillen der Bürger der DDR. Die atemberaubende Aktion wurde mehrfach als Film festgehalten, darunter im Disney-Film "Mit dem Wind nach Westen" von 1982 sowie in verschiedenen deutschen Dokumentationen. Seither symbolisiert die Ballonflucht den Mut, die Kreativität und das Durchhaltevermögen all jener, die sich nicht mit der Teilung Deutschlands abfinden wollten. Die Familien Strelzyk und Wetzel wurden durch ihre Erlebnisse zu bekannten Zeitzeugen; ihre Geschichte gehört heute zum kollektiven Gedächtnis Deutschlands.

In Bezug auf die Ballon-Installation in Potsdam bekommt die Fluchtgeschichte eine neue Perspektive. Sie wird nicht nur als historisches Ereignis erinnert; sie ist auch der Ausgangspunkt für weiterführende Gespräche über Freiheit, Grenzen und die Stärke individueller Entscheidungen. Die Ballon-Nachbildung bietet die Gelegenheit, in die Lage der Flüchtenden einzutauchen und sich so den existenziellen Gefahren bewusst zu werden, die Menschen auf der Suche nach Freiheit ausgesetzt sind. Die Ballonflucht von 1979 ist somit ein mahnendes Beispiel für den Wert von Freiheit und Selbstbestimmung, das auch lange nach dem Mauerfall noch relevant ist.

Kunst als Erinnerungsträger: Die Ballon-Installation von Katharina Gaenssler

Die Ballon-Installation "Up" von Katharina Gaenssler ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass Kunst als Gedächtnisstütze dienen kann. Denkmäler und andere Kunstwerke im öffentlichen Raum, die historische Ereignisse thematisieren, sind von großer Bedeutung für die Geschichtsvermittlung und für die Anregung von gesellschaftlichen Diskussionen. Die Arbeit von Gaenssler setzt diese Tradition fort und hebt sie zugleich auf eine neue Ebene: Indem er ein Fluchtmittel in ein schönes, öffentlich zugängliches Kunstwerk verwandelt, macht er Geschichte erfahrbar und sichtbar.

Die Künstlerin hat eine gründliche Auseinandersetzung mit den historischen Vorlagen vorgenommen. Eine Rekonstruktion, die in Farbe und Form dem Original so nahe wie möglich kommt, wurde erstellt, gestützt durch dokumentarische Schnittzeichnungen, originale Stoffproben und die Berichte von Zeitzeugen. Die Ballonhülle wurde, ähnlich wie das Original von 1979, aus leichten Materialien hergestellt, wobei moderne Färbetechniken und Stoffe für die notwendige Stabilität im Außenraum sorgten. Die Installation ehrt nicht nur die mutigen Flüchtenden; sie regt auch zum Nachdenken über die Funktion von Alltagsgegenständen an und darüber, wie sie sich in Werkzeuge der Freiheit verwandeln können.

Indem man als Künstler die Entscheidung trifft, den Ballon als öffentliche sechs Meter hohe Skulptur zu zeigen, schafft man zahlreiche Möglichkeiten der Interpretation. Einerseits symbolisiert der Ballon Leichtigkeit, Aufbruch und Hoffnung; andererseits steht er für die Unsicherheit und das Risiko, das jede Flucht mit sich bringt. Gaenssler schafft es, durch ihre Arbeit sowohl emotionale als auch intellektuelle Zugänge zu ermöglichen. Den Ballon aus nächster Nähe zu betrachten, seine Oberfläche zu ertasten und so das Maß und die Materialität des Fluchtmittels unmittelbar zu erfahren, ist für die Besucher möglich.

Außerdem regt die Installation an, sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen auseinanderzusetzen. Die Diskussion über die Grenzen der Freiheit und die Chancen und Gefahren der Migration ist heute wieder ein zentrales Thema in Deutschland und Europa. Die Ballon-Installation mahnt uns, dass Freiheit nicht selbstverständlich ist und dass jede Grenzüberschreitung mit Risiken und Ungewissheiten verbunden ist. So wird Kunst zum Medium, das historische Erfahrungen mit aktuellen Fragestellungen verbindet und zum Denken anregt.

Das Kunsthaus Minsk beweist mit seiner Installation in Potsdam, dass Kunst im öffentlichen Raum nicht nur schöne Impulse setzen, sondern auch gesellschaftliche Debatten anregen kann. Die Ballon-Installation zeigt, wie Kunst die Kraft hat, Erinnerungen zu bewahren und neue Sichtweisen auf Geschichten zu schaffen, die wir schon lange kennen. Sie zeigt, wie Kunst und Geschichte zusammenkommen können, um kollektive Erfahrungen neu zu verhandeln und zu bewahren.

Das Kunsthaus Minsk: Ein Ort der Geschichte und des Dialogs

Das Kunsthaus Minsk, wo die Ballon-Installation vor dem Gebäude zu finden ist, ist ebenfalls ein historisch aufgeladener Ort. Das Gebäude wurde 1977 als Restaurant Minsk für die sowjetischen Militärangehörigen in der DDR errichtet und fungierte später als Treffpunkt für die Potsdamer Bevölkerung. Nach der Wiedervereinigung stand das Gebäude über viele Jahre leer, bis der Berliner Unternehmer Hasso Plattner es sanierte und es 2022 als Kunsthaus wiedereröffnet wurde. Heute ist das Minsk ein Forum für zeitgenössische Kunstausstellungen, interkulturellem Austausch und gesellschaftlichem Dialog und beherbergt eine Sammlung ostdeutscher Kunst.

Es ist kein Zufall, dass die Ballon-Installation von Katharina Gaenssler vor dem Minsk gezeigt wird. Das Kunsthaus möchte die Geschichte der DDR und der deutschen Teilung nicht nur als Museumsthema bewahren, sondern aktiv in die Gegenwart überführen. Das Haus will mit Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen und künstlerischen Interventionen Brücken zwischen den Generationen und zwischen verschiedenen Sichtweisen auf die Vergangenheit schlagen. Die Ballon-Installation ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Kunst Räume des Erinnerns und der Auseinandersetzung schaffen kann, und fügt sich somit wunderbar in dieses Konzept ein.

Als offener Ort sieht das Minsk seine Aufgabe darin, verschiedenen Stimmen und Erfahrungen Raum zu geben. Das Kunsthaus eignet sich aufgrund seiner Nähe zum ehemaligen Grenzgebiet, der Geschichte des Hauses als Begegnungsstätte und der Verbindung zur Stadt Potsdam hervorragend als Schauplatz für die Ballon-Installation. Hier können Besucher die Kunst nicht nur erleben, sondern auch an einem bunten Begleitprogramm teilnehmen, das von Workshops bis zu Filmvorführungen reicht. Um die Geschichte lebendig zu halten und aktuelle gesellschaftliche Themen zu behandeln, arbeitet das Haus eng mit Schulen, Initiativen und Zeitzeugen zusammen.

Das Minsk setzt mit der Ernennung von Katharina Gaenssler ein Zeichen für eine offene, dialogfreundliche Erinnerungskultur. Es ist ein Beweis dafür, dass Kunst und Geschichte keine Widersprüche sind, sondern sich gegenseitig bereichern und inspirieren können. Die Ballon-Installation ist mehr als nur ein Ausstellungsstück – sie stellt ein lebendiges Symbol dar für den Mut zur Freiheit, die Stärke der Erinnerung und die Pflicht, Geschichte stets neu zu hinterfragen.

Technische und künstlerische Umsetzung: Vom Fluchtmittel zum Kunstwerk

Die Installation der Ballons erforderte neben einem künstlerischen Gespür auch viel technische Präzision. Es galt, die historische Vorlage so authentisch wie möglich zu reproduzieren, während sie gleichzeitig den Ansprüchen eines modernen Kunstwerks im öffentlichen Raum gerecht werden musste. Um eine präzise Rekonstruktion des Ballons zu ermöglichen, arbeitete Katharina Gaenssler eng mit Historikern, Ingenieuren und Textilfachleuten zusammen.

Die Materialien standen im Fokus der Diskussion. Der Originalballon von 1979 wurde aus Regenschirmseide, Taft und Bettwäsche hergestellt – Materialien, die leicht, aber auch reißfest sein mussten, um dem Auftrieb des Heißluftballons zu widerstehen. Bei der Installation kamen ähnliche Materialien zum Einsatz, die mit modernen Verfahren bearbeitet wurden, um die erforderliche Witterungsbeständigkeit und Sicherheit zu garantieren. Die Farben wurden nach den historischen Vorlagen ausgewählt, um sicherzustellen, dass der Ballon dem Original so ähnlich wie möglich aussieht.

Die Ballonkonstruktion erforderte ebenfalls besondere Anforderungen. Sie musste den Witterungsbedingungen standhalten und gleichzeitig die typische Form eines Heißluftballons bewahren: Die Skulptur. Das Gerüst sorgt für die erforderliche Statik, während der Stoffbezug die optische Leichtigkeit und Transparenz des Originals nachahmt. Indem sie den Ballon umrunden und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, können die Besucher die Größe und die Dimensionen des Fluchtmittels unmittelbar erfahren.

Die künstlerische Umsetzung umfasst mehr als nur eine Rekonstruktion. Gaenssler sieht die Ballonhülle als eine Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Historie und zeitgenössischer Kunst. Die Installation ist ein Anreiz, die Handwerkskunst der damaligen Flucht zu würdigen und darüber nachzudenken, wie aus bescheidenen Materialien ein Hoffnungssymbol und ein Zeichen des Aufbruchs geschaffen werden konnte. Indem die Ballonhülle nach der Ausstellung recycelt und in eine mobile Sitzskulptur umgewandelt wird, wird ein nachhaltiger Ansatz verfolgt, der zeigt, wie Kunst auch nach ihrem ursprünglichen Zweck weiterexistieren kann.

Die Ballon-Installation zeigt ein schönes Beispiel dafür, wie Kunst und Technik erfolgreich miteinander verbunden werden. Sie macht deutlich, dass das Beschäftigen mit Geschichte nicht nur von den Inhalten, sondern auch von den Formen und Materialien abhängt. So wird die Installation zum interaktiven Erlebnis, das die Besucher nicht nur staunen, sondern auch nachdenken lässt.

Die Bedeutung der Ballonflucht in der deutschen Erinnerungskultur

Die Ballonflucht von 1979 ist ein Ereignis, das die deutsche Gesellschaft bis heute im kollektiven Gedächtnis bewahrt hat. Sie ist ein Symbol für den Mut und die Entschlossenheit all jener, die sich gegen das Unrecht der deutschen Teilung und die Repressionen des SED-Regimes auflehnten. Die Flucht wurde über die Jahre immer wieder aufgearbeitet; sie findet Erwähnung in Dokumentationen, Spielfilmen und Ausstellungen und wird als Beispiel für den Freiheitsdrang der Menschen in der DDR angeführt.

Die Ballonflucht ist nicht nur eine Fluchtgeschichte; sie steht als Symbol für den Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung in einer geteilten Nation. In der Bundesrepublik wurde sie damals als Heldentat gefeiert, während die DDR-Führung versuchte, sie als ein Propagandainstrument des Westens zu diskreditieren. Durch internationale Berichterstattung und Verfilmungen wurde die Geschichte weltweit bekannt und das Bewusstsein für die Situation in der DDR geschärft.

Die Ballonflucht ist auch heute noch ein bedeutendes Thema in der deutschen Erinnerungskultur. In Schulen wird sie behandelt, in Museen findet man Dokumentationen über sie, und die Populärkultur greift sie immer wieder auf. Die Nachkommen der Familien Strelzyk und Wetzel sind regelmäßig als Zeitzeugen unterwegs, um die Ereignisse und ihre eigenen Erlebnisse zu erzählen. Die Ballon-Installation in Potsdam erinnert an diese Tradition und schafft einen neuen Erinnerungsort, der die Geschichte nicht nur bewahrt, sondern sie aktiv vermittelt.

Die Ballonflucht ist aus diesem Grund auch wichtig, weil sie essentielle Fragen nach Freiheit, Recht und Gerechtigkeit aufwirft. Sie weist darauf hin, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist und dass man sie verteidigen muss, auch wenn es persönliche Risiken und Opfer mit sich bringen kann. Die Installation bietet die Möglichkeit, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen und die Lehren der Vergangenheit für die Gegenwart zu nutzen. Im Jahr 2025, dem Jubiläumsjahr der Einheit, wird das Thema besonders aktuell, weil die Diskussionen über Freiheit, Grenzen und gesellschaftlichen Zusammenhalt neu entfacht werden.

Die Ballonflucht ist somit ein zentrales Narrativ der deutschen Teilung und Wiedervereinigung. Sie ruft dazu auf, die Leistungen der Einheit zu feiern und sich zugleich den Schwierigkeiten zu stellen, die Freiheit und Demokratie mit sich bringen. Die Ballon-Installation in Potsdam ist ein bedeutender Beitrag dazu, diese Erinnerung zu bewahren und sie in den öffentlichen Diskurs zu bringen.

Flucht und Freiheit im Spiegel der Gegenwart

Flucht und Freiheit sind Themen, die weit über die Zeit der deutschen Teilung hinausgehen. Im Jahr 2025 sind sie immer noch von großer Bedeutung und beeinflussen die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Diskussionen in Deutschland und Europa. Die Potsdamer Ballon-Installation nutzt die Geschichte der DDR-Flucht, um heute nach den Bedingungen und Möglichkeiten der Freiheit zu fragen und Parallelen zu aktuellen Herausforderungen zu ziehen.

Auch im 21. Jahrhundert ist Flucht eine Realität – Millionen von Menschen suchen weltweit nach Sicherheit, Freiheit und einem besseren Leben. Es gibt viele Ursachen: politische Verfolgung, Kriege, Armut oder Umweltkatastrophen. Die Erinnerungen an die Ballonflucht verdeutlichen, dass Flucht weit mehr als ein abstraktes Phänomen ist; sie umfasst immer individuelle Schicksale und persönliche Entscheidungen. Sie zeigt, dass die Bereitschaft, alles hinter sich zu lassen, aus existenzieller Not und dem Streben nach Selbstbestimmung entsteht.

Gesellschaftliche Diskussionen über Flucht und Migration sind von Spannungen und Streit geprägt. In Deutschland und Europa sind die Themen Grenzregime, Integrationspolitik und die Aufnahme von Geflüchteten Gegenstand hitziger Debatten. Die Ballon-Installation fordert dazu auf, diese Fragen im Kontext der eigenen Geschichte zu reflektieren und die Erlebnisse der DDR-Flüchtlinge als Grundlage für eine differenzierte Auseinandersetzung zu nutzen. Sie zeigt auf, dass Freiheit und Sicherheit keine Selbstverständlichkeiten sind; sie müssen immer wieder neu erkämpft und verteidigt werden.

Außerdem stellt die Installation die Frage, wie man mit der Geschichte von Flucht und Migration umgehen soll. Sie setzt sich für eine offene Erinnerungskultur ein, die neben den Erfolgen auch die Risiken und Ambivalenzen der Flucht betrachtet. So wird der Ballon zum Zeichen der Hoffnung auf ein besseres Leben und der Schwierigkeiten, die mit dem Grenzübertritt verbunden sind.

Angesichts der aktuellen Diskussionen über Migration und Integration schafft die Ballon-Installation einen Raum für Reflexion und Austausch. Sie spornt dazu an, die eigenen Werte und Überzeugungen zu prüfen und sich mit den Erfahrungen anderer auseinanderzusetzen. So wird die Geschichte der DDR-Flucht zum Spiegel der aktuellen Herausforderungen und zur Mahnung, dass Freiheit und Menschenrechte die unverzichtbaren Grundlagen einer offenen Gesellschaft sind.

Pädagogische Vermittlung: Workshops, Führungen und Filmvorführungen

In Potsdam dient die Ballon-Installation nicht nur als Kunstwerk, sondern auch als bedeutender Lernort. Ein umfangreiches pädagogisches Begleitprogramm, das die Themen der Installation vertieft und sich an verschiedene Zielgruppen richtet, hat das Kunsthaus Minsk entwickelt. Im Fokus stehen Workshops für Kinder und Jugendliche, thematische Führungen sowie eine Filmreihe, die die Geschichte der Ballonflucht aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

Die Kinder- und Jugend-Workshops sind eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen, und sie laden zum Mitmachen ein. Mit der Unterstützung von Kunstpädagogen und Historikern haben die Teilnehmer die Möglichkeit, kreativ zu werden, indem sie eigene Ballons entwerfen und sich mit den technischen sowie künstlerischen Aspekten der Installation beschäftigen. Im Mittelpunkt stehen die Themen Freiheit, Mut und Zusammenhalt, die spielerisch und kindgerecht behandelt werden. Die Workshops tragen dazu bei, ein Geschichtsbewusstsein zu entwickeln und regen zum eigenständigen Denken und Handeln an.

Thematische Führungen sind für Schulklassen, Gruppen und Einzelbesucher gedacht. Sie gewähren einen vertieften Blick auf die Hintergründe der Ballonflucht, die Entstehung des Kunstwerks und die sozialen Kontexte. Erfahrene Vermittler leiten die Führungen, sie beantworten die Fragen der Teilnehmer und gehen auf ihre Interessen ein, während sie Raum für Diskussionen schaffen. Ein besonderer Fokus liegt darauf, Geschichte und Gegenwart zu verknüpfen, um zu zeigen, wie relevant die Themen für das heutige Leben sind.

Die Filmreihe im Oktober 2025 ist ein Höhepunkt des Begleitprogramms. Unter anderem sind der Disney-Spielfilm "Mit dem Wind nach Westen" und verschiedene Dokumentationen über die Ballonflucht sowie andere Fluchtgeschichten aus der DDR zu sehen. Nach den Vorführungen finden Gespräche mit Zeitzeugen, Historikern und Filmemachern statt, die die Filme im gesellschaftlichen und historischen Kontext einordnen. Die Filmreihe eröffnet die Chance, die emotionalen und moralischen Aspekte von Flucht und Freiheit zu betrachten und darüber nachzudenken, wo man selbst steht.

Die Ballon-Installation wird durch das pädagogische Begleitprogramm als interaktiver Lern- und Erinnerungsort etabliert. Es unterstützt die Auseinandersetzung mit der Geschichte, regt das Nachdenken über gesellschaftliche Werte an und schafft Räume für Austausch und Begegnung. Die Installation wird durch die Verbindung von Kunst, Geschichte und Bildung zu einem lebendigen Ort, der weit über die Dauer der Ausstellung hinaus wirkt.

Nachhaltigkeit und Transformation: Die Ballonhülle als mobile Sitzskulptur

Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, Ressourcen nachhaltig zu nutzen und Kunst im öffentlichen Raum weiterzuverwenden. Die Ballonhülle wird nach dem Ende der Ausstellung am 13. Oktober 2025 nicht entsorgt, sondern in eine mobile Sitzskulptur für das Kunsthaus Minsk umgestaltet. Der Anspruch, Kunst als einen dynamischen Prozess zu verstehen, der sich an veränderte Kontexte und Bedürfnisse anpassen kann, wird durch dieses Transformationskonzept deutlich.

Die Ballonhülle wird in eine Sitzskulptur umgewandelt, indem wir mit Designern und Handwerkern aus der Region zusammenarbeiten. Das Ziel ist es, die Materialien zu bewahren und in neuer Form für Besucher zugänglich zu machen. Die Sitzskulptur wird im und am Kunsthaus aufgestellt und soll die Geschichte der Ballonflucht ehren. Ein Ort der Ruhe und Begegnung, wo Besucher verweilen, lesen oder ins Gespräch kommen können, ist geschaffen.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit umfasst nicht nur die Wahl der Materialien, sondern auch die inhaltliche Fortentwicklung des Projekts. Das Kunsthaus integriert die Sitzskulptur in sein Bildungsprogramm und nutzt sie als Ausgangspunkt für neue Workshops und Veranstaltungen. Sie bleibt als sichtbares Zeichen der Ballonflucht und der damit verbundenen Themen im öffentlichen Raum präsent und hilft so, die Erinnerung lebendig zu halten.

Die Wahl, die Ballonhülle weiterzuverwenden, ist im Einklang mit den neuesten Trends in der Kunst und Kultur. Zunehmend implementieren Museen und Ausstellungshäuser nachhaltige Konzepte, um Ressourcen zu bewahren und ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Die Ballon-Installation in Potsdam ist ein Beispiel dafür, wie man Kunstobjekte verantwortungsvoll behandelt und Ausstellungsprojekte kreativ weiterentwickeln kann.

Indem die Ballonhülle zur Sitzskulptur wird, wird der Kreis zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geschlossen. Sie zeigt auf, dass Erinnerungsarbeit kein abgeschlossener Prozess ist; sie muss immer wieder neue Formen und Ausdrucksweisen finden. So bleibt die Ballon-Installation in Potsdam nicht nur als Kunstwerk, sondern auch als nachhaltiges, partizipatives Projekt im Gedächtnis der Stadt und ihrer Besucher verankert.