Die Energieversorgung in Berlin erlebt einen Wendepunkt. In der Hauptstadt war die Fernwärme über viele Jahrzehnte hinweg durch fossile Brennstoffe wie Kohle und Gas dominiert. Um klimaneutral zu werden, hat der Senat einen umfassenden Umbau des Energiesystems initiiert. Obwohl die Dekarbonisierung als gemeinsames Ziel angesehen wird, beginnt jetzt eine Diskussion über den besten Weg, um dorthin zu gelangen. Holzkraftwerke, die oft als nachhaltige Brückentechnologie angepriesen werden, stehen immer mehr in der Kritik. Werner Graf, der als Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und als Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2026 fungiert, stellt unmissverständlich klar, dass die Nutzung von Holz als Brennstoff für die Wärmeversorgung beendet werden muss.
Nach seiner Ansicht ist der Bau von zwei neuen Holzheizkraftwerken in Berlin ein ökologischer und wirtschaftlicher Fehltritt. Seiner Meinung nach ist die Verbrennung von Holz weder klimafreundlich noch zukunftsweisend. Es gebe ein Missverhältnis zwischen den Kapazitäten zur Deckung des Brennstoffbedarfs und der verfügbaren Ressource, wodurch die Importabhängigkeit neue Risiken kreieren könnte. Vor allem die Preisentwicklung am globalen Holzmarkt und die Ungewissheiten über nachhaltige Lieferketten machten das Vorhaben zu einem hohen Risiko.
Momentan versorgen die Anlagen im Märkischen Viertel und in Neukölln einen Teil Berlins mit Wärme aus Biomasse. Seit der Übernahme der Fernwärme durch das landeseigene Unternehmen BEW wird intensiv über den Bau von weiteren Holzkraftwerken mit einer Gesamtkapazität von bis zu 390.000 Tonnen Biomasse pro Jahr diskutiert. In Anbetracht der Tatsache, dass die Stadt in den kommenden Jahren den Kohleausstieg bewältigen muss, ist die Frage nach der besten Strategie: Ist Holz die richtige Wahl für Berlin, oder gibt es noch bessere nachhaltige Optionen?
In anderen Großstädten sind ähnliche Projekte schon gestoppt worden. Ein Beispiel: Hamburg hat sich dagegen entschieden, das Kohlekraftwerk Tiefstack auf Holzpellets aus Importen umzustellen, und setzt stattdessen auf Wärmepumpen. Graf weist auch auf Potsdam hin, wo die Geothermie-Projekte vielversprechende Ergebnisse erzielen. In Berlin fordert er, die Möglichkeiten von Erdwärme, Abwärme und Wärmepumpen systematisch zu nutzen, anstatt sich auf Holz zu verlassen, dessen ökologische Bilanz immer mehr in Frage gestellt wird.
Es geht nicht nur um technologische und ökologische Fragen, sondern auch um soziale: Wie kann eine umweltfreundliche Wärmeversorgung geschaffen werden, ohne dass die Bevölkerung höhere finanzielle Belastungen hinnehmen muss? Wie wichtig sind politische Entscheidungen und welche Erfahrungen anderer Städte können als Vorbild dienen? In acht thematischen Abschnitten behandelt der folgende Artikel die Hintergründe, Argumente und Sichtweisen der aktuellen Debatte über die Zukunft der Berliner Fernwärme.
Die Ausgangslage: Berlins Fernwärmewende im Überblick
Im Jahr 2025 wird die Berliner Fernwärmeversorgung einen historischen Wendepunkt erreichen. Die Stadt mit über zwei Millionen Wohnungen nutzt für rund ein Drittel ihrer Haushalte ein großflächiges Netz zur Wärmeversorgung. Über viele Jahrzehnte waren Kohle und Gas die dominierenden Primärenergieträger. Im Rahmen der Energiewende und mit dem politischen Ziel, bis spätestens 2045 klimaneutral zu sein, wurde der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beschlossen. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte schon im Jahr 2019 entsprechende Fahrpläne beschlossen, um die CO₂-Emissionen in der Wärmeversorgung erheblich zu reduzieren.
Im Jahr 2023 übernahm die landeseigene BEW Berliner Energie und Wärme GmbH die Fernwärmesparte des Energiekonzerns Vattenfall. Die Stadt hat das Ziel, die Wärmewende sozial gerecht, ökologisch nachhaltig und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten, indem sie die Rekommunalisierung der Wärmeversorgung vorantreibt. Ungefähr 1,3 Millionen Menschen nutzen die Fernwärmeversorgung. Die Aufgabe ist enorm: Bis 2030 müssen alle Kohlekraftwerke abgeschaltet und durch klimafreundliche Optionen ersetzt werden.
Das Hauptthema der Diskussion ist die Wahl der passenden Technologien. Die Zweifel an der Nachhaltigkeit von Biomasse, insbesondere von Holzhackschnitzeln und Pellets, wachsen, obwohl sie bisher als attraktive Option galt. Die Stadt untersucht unterschiedliche Optionen, wie den Ausbau von Wärmepumpen, die Nutzung industrieller Abwärme, die Einbindung von Geothermie und die Verbesserung des bestehenden Netzes. Die Planung von zwei neuen Holzkraftwerken, die zusammen 390.000 Tonnen Biomasse pro Jahr nutzen sollen, ist ein zentraler Streitpunkt. Die geplanten Anlagen an den Standorten Reuter West und Klingenberg werden einen wichtigen Teil zur Erfüllung des Wärmebedarfs beitragen.
Man schätzt, dass die Kosten für die Umstellung des Fernwärmesystems im Bereich von mehreren Milliarden Euro liegen werden. Die Finanzierung erfolgt durch Fördermittel von Bund und Land, Kredite sowie Eigenmittel. Zur gleichen Zeit ist der Druck hoch, um sicherzustellen, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist und dass Verbraucher keine Preissprünge erleben. Die Debatte über die Funktion von Holzkraftwerken ist ein Spiegelbild der grundlegenden Zielkonflikte der Wärmewende: Es gilt, ökologische Integrität, ökonomische Tragfähigkeit und soziale Gerechtigkeit miteinander zu vereinbaren.
Umweltschutzverbände, politische Parteien und die Stadtgesellschaft führen hitzige Debatten über die aktuellen Planungen. Unter der Führung von Werner Graf fordern die Grünen einen grundlegenden Wandel und sind entschieden gegen den Ausbau von Holzkraftwerken. Ihr Appell geht an kreative Ansätze, die die natürlichen Möglichkeiten Berlins besser nutzen und gleichzeitig die Kosten für die Bevölkerung langfristig minimieren.
Kritik an Holzkraftwerken: Ökologische und ökonomische Einwände
In der Vergangenheit wurden Holzkraftwerke als Hoffnungsträger der Energiewende angesehen. Die Vorstellung, dass Holz als nachwachsender Rohstoff klimafreundlicher ist als fossile Brennstoffe, wurde über einen langen Zeitraum kaum angezweifelt. In den vergangenen Jahren haben sich die wissenschaftliche und gesellschaftliche Bewertungen deutlich verändert. Wesentliche Kritikpunkte beziehen sich auf die ökologische Bilanz und die wirtschaftlichen Risiken, die mit einem großflächigen Einsatz von Holz zur Energieerzeugung verbunden sind.
Ein wichtiger Aspekt ist aus ökologischer Sicht die angepeilte Kohlenstoffneutralität von Holz als Brennstoff. Das Prinzip der Holzverbrennung besagt, dass nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie der Baum vorher gespeichert hat; jedoch ist die langfristige Betrachtung dieser Bilanz problematisch. Es braucht Jahrzehnte, um Wälder durch Aufforstung oder natürlichem Nachwuchs wiederherzustellen, während die Emissionen aus dem Verbrennen sofort in die Atmosphäre gelangen. Aufgrund dessen erhöht die Verbrennung von Holz kurzfristig die Treibhausgaskonzentration. Untersuchungen des Umweltbundesamtes und internationaler Forschungsinstitute belegen, dass die Emissionen pro Kilowattstunde Wärme aus Holz vergleichbar hoch sein können wie die von verbrannter Kohle.
Ein weiterer Aspekt der Kritik betrifft die Flächenkonkurrenz und die Ressourcensicherheit. In Berlin und Brandenburg übersteigt der Holzbedarf zur Befeuerung großer Kraftwerke das nachhaltige Aufkommen bei weitem. Dies macht Grünen-Fraktionschef Werner Graf am Beispiel des Grunewalds deutlich: Würde man den gesamten Stadtwald Berlins abholzen, würde das Holz nicht einmal ausreichen, um zwei Holzkraftwerke ein Jahr lang zu betreiben. In der Praxis wäre es notwendig, auf Importe zurückzugreifen – etwa aus dem Balkan oder Russland. Dadurch entstehen neue Abhängigkeiten und Risiken in Bezug auf Herkunft, Nachhaltigkeit und Preisentwicklung.
Selbst die wirtschaftlichen Aspekte sind umstritten. In den letzten Jahren haben die Preise für Holz und Holzpellets teils drastische Anstiege erlebt. Neben der erhöhten Nachfrage sind auch globale Krisen, Lieferengpässe und spekulative Aktivitäten am Rohstoffmarkt Ursachen dafür. Die Konsequenz: Die Betriebskosten von Holzkraftwerken sind schwer zu kalkulieren und könnten in Zukunft weiter ansteigen. Die Verbraucher würden die zusätzlichen Kosten letztlich tragen – eine Entwicklung, die angesichts der bereits steigenden Lebenshaltungskosten soziale Sprengkraft hat.
Es wird außerdem beanstandet, dass die energetische Nutzung von Holz die stoffliche Nutzung verdrängt. In Kraftwerken verbranntes Holz kann nicht mehr für den Bau, die Möbelindustrie oder andere langlebige Produkte genutzt werden, die das CO₂ über einen langen Zeitraum speichert. Auch aus der Perspektive der Forstwirtschaft ist der großflächige Einschlag problematisch: Ökosysteme werden geschädigt, die Biodiversität leidet, und die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen den Klimawandel wird verringert.
In diesem Zusammenhang verlangen viele Umweltverbände, Wissenschaftler und Politiker eine kritische Neubewertung der Bedeutung von Holzkraftwerken für die Energiewende. Die Berliner Grünen sind entschieden gegen den weiteren Ausbau und setzen sich für Alternativen ein, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltiger sind.
Geothermie als Schlüsseltechnologie: Potenziale und Herausforderungen
Die Berliner Energiepolitik richtet immer mehr Aufmerksamkeit auf Geothermie, sprich die Nutzung von Erdwärme zur Energieerzeugung. Werner Graf betrachtet diese Technologie als einen vielversprechenden Ansatz, um die Fernwärmeversorgung der Hauptstadt klimaneutral zu gestalten. Die Möglichkeiten sind erheblich: In der Theorie könnte die Tiefengeothermie einen erheblichen Teil des städtischen Wärmebedarfs decken. In anderen deutschen Städten, wie München und Potsdam, sind bereits erfolgreiche Pilotprojekte am Laufen.
Geothermie nutzt heiße Gesteinsschichten oder Thermalwasserreservoire, die in großen Tiefen unter der Erde liegen. Durch Bohrungen wird die Wärme zur Oberfläche geleitet und in das Fernwärmenetz eingespeist. Als emissionsarm, effizient und grundlastfähig wird die Technologie angesehen; das bedeutet, sie ist unabhängig von Wetter und Tageszeit verfügbar. Im Gegensatz zu Holzkraftwerken entstehen bei der Nutzung von Geothermie keine direkten Treibhausgasemissionen.
Ein entscheidender Vorteil der Geothermie ist die Versorgungssicherheit. Weil die Ressource lokal verfügbar ist, entfallen Importe sowie die damit verbundenen Preisschwankungen und Abhängigkeiten. Die Betriebskosten sind im Vergleich zu anderen Technologien ebenfalls relativ stabil, da nach der einmaligen Investition in Bohrungen und Infrastruktur hauptsächlich Wartungs- und Betriebskosten anfallen. Geothermische Wärmelieferungen sind zudem über einen längeren Zeitraum planbar.
In Potsdam hat der städtische Versorger EWP bei einer Bohrung im Jahr 2023 entdeckt, dass die nutzbare Wärmeleistung doppelt so hoch ist, als man ursprünglich dachte. In der Zukunft möchte die Stadt etwa zwei Drittel ihres Bedarfs an Fernwärme durch Geothermie abdecken. Auch in München verfolgt man ambitionierte Ausbaupläne und setzt stetig auf diese Technologie. In Berlin hingegen haben bisher nur wenige Probebohrungen stattgefunden. Nach Werner Graf ist es bedenklich, dass die Potenziale noch nicht einmal ansatzweise erkundet wurden.
Die Entwicklung der Geothermie in Berlin steht vor technischen und geologischen Schwierigkeiten. Es ist wichtig, die geologischen Bedingungen genau zu prüfen, weil nicht überall heiße Schichten in erreichbarer Tiefe sind. Bohrungen sind teuer und bergen Risiken; Fehlschläge können die Wirtschaftlichkeit von Projekten insgesamt gefährden. Allerdings belegen Erfahrungen aus anderen Städten, dass die langfristigen Vorteile von Investitionen in die Geothermie nicht zu unterschätzen sind.
Neben der technischen Machbarkeit müssen auch Genehmigungsprozesse, Sicherheitsauflagen und die Akzeptanz in der Bevölkerung berücksichtigt werden. Risiken von Erdbeben, Beeinträchtigungen des Grundwassers und Lärmemissionen sind Aspekte, die man frühzeitig angehen sollte. Neue Wege, wie die Verbindung von Geothermie mit Wärmepumpen oder die Nutzung von Wärme aus geringerer Tiefe, könnten weitere Möglichkeiten schaffen.
Die Berliner Grünen setzen sich dafür ein, die Erforschung und Erschließung der Geothermie energisch voranzutreiben. Sie erkennen darin die Möglichkeit, die Fernwärmeversorgung klimaneutral, unabhängig und sozial gerecht zu gestalten. Berlin könnte von den Erfahrungen aus Potsdam und München als Vorlage profitieren. Es ist entscheidend, dass die Potenziale systematisch analysiert und Fördermittel gezielt eingesetzt werden, um einen schnellen Ausbau zu ermöglichen.
Abwärmenutzung: Unterschätztes Reservoir für Berlins Wärmewende
Neben der Geothermie wird die Nutzung von industrieller und urbaner Abwärme als wichtiger Bestandteil der Berliner Wärmewende zunehmend in den Fokus gerückt. In einer sich entwickelnden Metropole wie Berlin wird eine große Menge an Abwärme erzeugt, etwa in Rechenzentren, Kläranlagen, Industrie- und Gewerbebetrieben oder sogar im Abwasser. Diese Energiequellen, die bislang größtenteils ungenutzt sind, könnten einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der Fernwärme leisten.
Rechenzentren, die für den digitalen Wandel und die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft unverzichtbar sind, erzeugen große Mengen an Abwärme. Die beim Betrieb der leistungsstarken Server entstehende Wärme wird bislang meist ungenutzt an die Umgebung abgegeben. Diese Energiepotenziale könnten erschlossen werden, indem man Wärmetauscher einsetzt und an das Fernwärmenetz anschließt. In skandinavischen Städten wie Stockholm oder Kopenhagen ist es schon üblich, Abwärme aus Rechenzentren zu nutzen.
Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von Abwärme aus Kläranlagen. Während der Abwasserreinigung entsteht, vor allem im Zusammenhang mit der Faulgasproduktion, eine erhebliche Menge Wärme, die man technisch gesehen relativ einfach in das Fernwärmenetz einspeisen kann. Selbst Flusswasser, vor allem die Spree, kann mit Hilfe von Wärmepumpen zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Es wird die im Wasser gespeicherte Wärmeenergie entzogen und auf ein nutzbares Temperaturniveau angehoben.
Die Vorteile der Abwärmenutzung sind offensichtlich: Sie ist emissionsfrei, minimiert den Primärenergiebedarf und senkt die Betriebskosten der Unternehmen, die sie nutzt. Die Diversifizierung der Wärmequellen erhöht gleichzeitig die Versorgungssicherheit und macht das System unabhängiger von einzelnen Brennstoffen. Es ist ressourcenschonend und hilft, Abfall zu vermeiden, wenn man vorhandene Energieflüsse nutzt.
Um die Abwärmenutzung zu erweitern, sind jedoch Investitionen in Infrastruktur und intelligente Steuerungssysteme notwendig. Es ist eine technische Herausforderung, neue Quellen an das bestehende Fernwärmenetz anzubinden, besonders wenn die Entfernung groß ist oder keine Netzkapazität vorhanden ist. Es müssen auch rechtliche und organisatorische Aspekte, wie die Einspeisevergütung und die Vertragsmodalitäten zwischen Abwärmelieferanten und Netzbetreibern, geklärt werden.
Die Politik in Berlin hat die Chancen der Abwärmenutzung erkannt und unterstützt solche Projekte. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Pilotprojekte gestartet, wie zum Beispiel die Nutzung von Wärme aus Rechenzentren für das städtische Netzwerk. Werner Graf fordert, dass man diese Ansätze mit Nachdruck weiterverfolgt und ausbaut. Seiner Meinung nach haben Abwärme und Geothermie das Potenzial, einen erheblichen Teil des zukünftigen Wärmebedarfs zu erfüllen.
Alles in allem: Die Nutzung von Abwärme ist ein entscheidender Faktor für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Wärmeversorgung. Sie bringt ökologische, ökonomische und soziale Vorteile mit sich und kann somit einen wichtigen Teil zur Erreichung der Klimaziele Berlins beitragen. Eine vorausschauende Planung, die alle verschiedenen Quellen systematisch identifiziert und in das Gesamtsystem integriert, ist die Voraussetzung dafür.
Wärmepumpen: Technologie mit Zukunftspotenzial für die Hauptstadt
Als Schlüsseltechnologie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung gelten Wärmepumpen. Sie machen sich Umweltwärme aus Luft, Wasser oder dem Erdreich zunutze und verwandeln diese durch elektrische Energie in eine nutzbare Heizenergie. Die Zukunft der Berliner Fernwärme wird zunehmend durch diese Technologie beeinflusst. Die Lehren aus anderen Großstädten, vor allem Hamburg, belegen das große Potenzial von Wärmepumpen als Ersatz für die Holzverbrennung.
Wärmepumpen funktionieren, indem sie Wärme aus einer Quelle mit niedriger Temperatur entziehen und sie auf ein höheres Temperaturniveau heben. Wärmepumpen können im großtechnischen Maßstab Wärme aus Flüssen, Abwasser oder dem Erdreich gewinnen und diese in das Fernwärmenetz einspeisen. Anlagen der neuesten Generation erzielen hohe Wirkungsgrade und können nahezu emissionsfrei arbeiten, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden.
Wärmepumpen bieten zahlreiche Vorteile. Sie verringern die Abhängigkeit von fossilen und biogenen Brennstoffen, erzeugen keine lokalen Emissionen und sind in ihrer Leistung flexibel skalierbar. Vor allem in urbanen Zentren wie Berlin sind sie in der Lage, die vorhandenen Umweltenergiequellen zu nutzen, ohne dass es großflächige Infrastrukturen oder Importe benötigt werden. Sind die Wirkungsgrade hoch, so sind auch die Betriebskosten gering und der Wartungsaufwand bleibt im Rahmen.
Hamburg ist ein wegweisendes Beispiel. Im Jahr 2024 wurde dort entschieden, das Kohlekraftwerk Tiefstack nicht auf Holzpellets umzurüsten, sondern lieber in eine leistungsfähige Großwärmepumpe zu investieren. Der kommunale Versorger HEnW plant, die Fernwärmeversorgung durch die Nutzung von Fluss- und Abwasserwärme zu entkohlen. Die Umstellung wird als Beispiel für andere Städte angesehen, weil sie ökologische und wirtschaftliche Vorteile vereint.
In Berlin kommen große Wärmepumpen bislang nur vereinzelt zum Einsatz. Die Anbindung an das bestehende Fernwärmenetz bringt technische Herausforderungen mit sich, vor allem in Bezug auf die erforderlichen Vorlauftemperaturen im Netz. Trotz allem beweisen Pilotprojekte, wie das in Neukölln, dass man Großwärmepumpen grundsätzlich betreiben kann. Fachleute heben hervor, dass eine schrittweise Reduktion der Systemtemperaturen und die Kombination mit anderen Technologien – wie Geothermie oder Abwärme – die Effizienz und Wirtschaftlichkeit verbessern können.
Um die Wärmepumpentechnologie voranzubringen, sind Investitionen in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur unerlässlich. Um die Marktdurchdringung zu beschleunigen, stellen Bund und Land Fördermittel hierfür bereit. Eine erfolgreiche Erweiterung erfordert ebenfalls die Qualifizierung von Fachkräften und die Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen.
Die Berliner Grünen betrachten Wärmepumpen als eine Schlüsselkomponente für die zukünftige Fernwärmeversorgung. Eine strategische Planung ist erforderlich, die den Ausbau dieser Technologie systematisch vorantreibt und sie mit anderen erneuerbaren Energiequellen verknüpft. Wärmepumpen haben sich in anderen Städten als eine gute Option erwiesen, die sowohl technisch als auch wirtschaftlich im Vergleich zu Holzkraftwerken funktioniert.
Versorgungssicherheit und soziale Verträglichkeit: Die Kostenfrage im Fokus
In einer Millionenstadt wie Berlin ist die Umgestaltung der Wärmeversorgung nicht nur eine technische, sondern auch eine soziale Herausforderung. Die Wärmewende muss sich an den wichtigen Maßstäben der Versorgungssicherheit und sozialen Verträglichkeit messen lassen, wenn man ihren Erfolg und ihre Akzeptanz beurteilt. Im Mittelpunkt der Diskussion über Holzkraftwerke steht entscheidend, wie sich die Kosten für die Bevölkerung entwickeln und wie Haushalte vor Risiken minimiert werden können.
Die Unsicherheiten am Holzmarkt machen es schwierig, die Betriebskosten von Holzkraftwerken genau zu kalkulieren. In den letzten Jahren haben die Preise für Holz und Holzpellets immer wieder sprunghafte Anstiege erlebt. Neben der steigenden Nachfrage sind auch geopolitische Risiken, Lieferengpässe und spekulative Aktivitäten am Rohstoffmarkt Gründe dafür. Die Konsequenz: In Zukunft könnten die Kosten für die Wärmeversorgung weiter ansteigen, was die finanzielle Belastung für Mieter und Hauseigentümer erhöht.
Die Berliner Grünen sind der Meinung, dass die Abhängigkeit von importiertem Holz neue Abhängigkeitsverhältnisse schafft, ähnlich wie es bei fossilen Brennstoffen der Fall ist. Die Ungewissheit bezüglich der Verfügbarkeit und Herkunft des Holzes bringt auch ökologische und ethische Gefahren mit sich. Der Import von Waren aus Regionen mit schwachen Umweltstandards oder unklarer Zertifizierung könnte die globale Klimabilanz verschlechtern.
Langfristige Kalkulationssicherheit bieten hingegen alternative Technologien wie Geothermie, Wärmepumpen und die Nutzung von Abwärme. Nachdem man einmal in Infrastruktur und Erschließungskosten investiert hat, sind die Betriebskosten im Vergleich dazu ziemlich stabil. Indem man lokale Ressourcen nutzt, mindert man die Anfälligkeit für Preisschwankungen und fördert die regionale Wertschöpfung. Eine verlässliche und bezahlbare Wärmeversorgung ist gerade für einkommensschwache Haushalte von großer Bedeutung.
Soziale Aspekte werden ebenfalls durch Förderprogramme und soziale Ausgleichsmechanismen angegangen. Bund und Land stellen Gelder bereit, um energetische Sanierungen, den Anschluss an das Fernwärmenetz und den Umstieg auf erneuerbare Technologien zu fördern. Es wird angestrebt, die Haushaltskosten abzumildern und sozialverträgliche Tarife zu schaffen.
Ein weiteres Anliegen ist es, dass die Stadtgesellschaft an der Gestaltung der Wärmewende teilhat. Entscheidungsprozesse sollten transparent sein, Bürger sollten beteiligt werden, und es ist wichtig, dass Mieter und Eigentümer einbezogen werden, um sicherzustellen, dass neue Technologien und Maßnahmen akzeptiert werden. Um die Bevölkerung über die Chancen und Herausforderungen der Wärmewende zu informieren, setzt die Berliner Politik auf Dialogformate und Informationskampagnen.
Ein zentrales Ziel bleibt die Sicherheit der Versorgung. Eine Erhöhung der Resilienz des Netzes und das Verhindern von Engpässen ist möglich, indem wir die Wärmequellen diversifizieren, Speicher ausbauen und das Gesamtsystem intelligent steuern. Die Lehren aus anderen Städten belegen, dass eine Mischung aus unterschiedlichen Technologien die Versorgung stabil und zuverlässig gestaltet.
Die soziale Verträglichkeit der Wärmewende ist insgesamt ein entscheidender Aspekt für ihren Erfolg. Ob Holzkraftwerke letztlich angenommen werden oder nicht, hängt auch davon ab, wie gut man die Kosten für die Bevölkerung und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Einklang bringen kann.
Politische Debatte und Weichenstellungen: Entscheidungsprozesse in Berlin
Die Zukunft der Berliner Fernwärme ist schon lange ein zentrales politisches Konfliktthema. Das Beispiel des Neubaus von Holzkraftwerken zeigt, wie wichtig die Entscheidungen zur Energiepolitik der Stadt sind. Im Berliner Abgeordnetenhaus treffen verschiedene Interessen und Strategien aufeinander. Die Grünen unter der Führung von Werner Graf stellen sich entschieden gegen die Nutzung von Holz als Energieträger und verlangen eine klare Fokussierung auf ökologische Alternativen.
Die Diskussion ist gekennzeichnet durch gegensätzliche Argumente. Befürworter der Holzkraftwerke heben deren angebliche Klimafreundlichkeit und die kurzfristige Biomasseverfügbarkeit hervor, während Kritiker die ökologischen und ökonomischen Gefahren betonen. Intensive Ausschussberatungen, Expertenanhörungen und Stellungnahmen von Verbänden begleiten die parlamentarische Abstimmung über die zukünftige Ausrichtung der Fernwärmeversorgung.
Es ist eine Herausforderung für den Senat, die verschiedenen Interessen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtgesellschaft zusammenzubringen. Die landeseigene BEW Berliner Energie und Wärme ist als Betreiberin des Fernwärmenetzes stark in die Planungen involviert. Sie muss die technische Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit vereinen. Die Ratschläge von Sachverständigen, wie zur Erschließung von Geothermiepotenzialen oder zur Integration von Abwärme, werden in die Entscheidungsfindung aufgenommen.
Selbst auf Bundesebene ist die Klassifizierung von Holz als nachhaltige Energiequelle nicht unumstritten. Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und die Vorgaben der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen haben Auswirkungen auf die Förderfähigkeit von Holzkraftwerken. Ob und in welchem Maß Biomasse künftig noch als "grün" gilt, beeinflusst direkt die Finanzierung und Umsetzung solcher Projekte in Berlin.
Die politische Auseinandersetzung wird auch von parteipolitischen Interessen beeinflusst. Die Grünen setzen auf einen technologieoffenen Ansatz, der insbesondere Geothermie, Abwärme und Wärmepumpen priorisiert. Die SPD und einige Mitglieder der CDU sind geneigt, Holz als Bestandteil eines diversifizierten Energiemixes zu akzeptieren, solange die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Die Linke verlangt eine stärkere soziale Ausrichtung und die Berücksichtigung der Interessen von Mietern.
Zivilgesellschaftliche Initiativen, Umweltverbände und wissenschaftliche Expertisen begleiten die Debatte. Um Transparenz zu gewährleisten und die Akzeptanz der Entscheidungen zu verbessern, sind Bürgerbeteiligung und öffentliche Anhörungen wichtig. Erfahrungen aus Städten wie Hamburg und Potsdam werden intensiv besprochen und dienen als Argumente für oder gegen bestimmte Technologien.
Schließlich wird die Entscheidung über die zukünftige Richtung der Berliner Wärmewende durch ein Zusammenspiel von politischen, technischen und gesellschaftlichen Faktoren getroffen. In den nächsten Monaten wird es entscheidend sein: Der Senat muss Entscheidungen treffen, Fördermittel sichern und die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen vorbereiten. Schon jetzt blickt man auf die Wahl 2026 – ein zentrales Thema im Wahlkampf wird die Energiepolitik sein.
Vorbilder und Perspektiven: Lehren aus anderen Städten
Die Debatte über die Zukunft der Berliner Fernwärme ist nicht ein Einzelfall. In zahlreichen europäischen Großstädten laufen vergleichbare Diskussionen, und der Austausch von Erfahrungen mit anderen Städten ist entscheidend, um tragfähige Lösungen zu finden. Als Pioniere in der Umstellung ihrer Wärmeversorgung liefern Hamburg, Potsdam und München wertvolle Anknüpfungspunkte für Berlin.
Im Jahr 2024 hat Hamburg einen bedeutenden Beschluss gefasst: Das Kohlekraftwerk Tiefstack, welches ursprünglich auf die Verbrennung von Holzpellets umgerüstet werden sollte, wird nun nicht mehr umgebaut. Nach langen Diskussionen entschied die Stadt, diesen Plan aufzugeben und stattdessen in die großflächige Nutzung von Wärmepumpen und Abwärme zu investieren. Der kommunale Versorger HEnW nutzt eine Kombination aus Fluss-, Abwasser- und industrieller Abwärme sowie erneuerbaren Energien. Das Projekt wird als Modell für andere Großstädte angesehen, weil es ökologische, ökonomische und soziale Vorteile vereint.
Potsdam hat schon früh auf Geothermie gesetzt. Im Jahr 2023 entdeckte der städtische Versorger EWP bei einer Probebohrung, dass das geothermische Potenzial doppelt so hoch ist als man es zuvor erwartet hatte. In den nächsten Jahren wollen wir etwa zwei Drittel des Bedarfs an Fernwärme durch Erdwärme decken. Die Lehren aus Potsdam beweisen, dass langfristige Erfolge durch Investitionen in Forschung und Erschließung möglich sind. Die Stadt plant, Geothermie, Abwärme und Wärmepumpen eng miteinander zu verknüpfen, um eine sichere und günstige Wärmeversorgung zu schaffen.
München verfolgt ebenfalls eine ambitionierte Strategie zur Wärmewende. Die Stadtwerke München setzen seit Jahren auf den Ausbau der Geothermie und haben das Ziel, bis 2035 die gesamte Fernwärmeversorgung klimaneutral zu machen. Ein neues Energiesystem basiert auf der Kombination von Tiefengeothermie, Abwärmenutzung und Wärmepumpen. München nutzt günstige geologische Bedingungen, beweist aber auch, dass politische Entschlossenheit und langfristige Investitionen entscheidend sind.
Die Lektionen aus diesen Städten sind zahlreich. Erstens: Eine Diversifizierung der Wärmequellen verbessert die Versorgungssicherheit und mindert die Abhängigkeit von einzelnen Brennstoffen. Zweitens: Lokale Ressourcen wie Geothermie und Abwärme können langfristig die Betriebskosten stabilisieren und die regionale Wertschöpfung fördern. Drittens: Es ist ein komplizierter Prozess, die Wärmeversorgung umzubauen; deshalb müssen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eng zusammenarbeiten.
Für Berlin heißt das: Die Lehren aus den Erfahrungen anderer Städte können dabei helfen, Fehler zu vermeiden und bewährte Methoden zu übernehmen. Innovationen zu fördern, lokale Potenziale systematisch zu erschließen und die Bevölkerung einzubeziehen sind entscheidende Faktoren für den Erfolg. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang Holzkraftwerke künftig Teil des Energiemixes sein sollen, muss unter Berücksichtigung dieser Erfahrungen getroffen werden.
In den nächsten Jahren wird sich herausstellen, welche Richtung Berlin einschlägt. Die Entscheidungen, die 2025 getroffen werden, sind entscheidend, um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen. Die Diskussion über Holzkraftwerke ist Teil eines großen Transformationsprozesses – sie entscheidet über die Wärmeversorgung einer ganzen Generation.