Politik

Berliner Polizei setzt Maßnahmen gegen pro-palästinensische Parolen fort

Die Berliner Polizei setzt Maßnahmen gegen das öffentliche Zeigen pro-palästinensischer Parolen konsequent fort.

In Deutschland wird der Nahost-Konflikt seit Jahrzehnten öffentlich debattiert, doch seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauf folgenden Krieg im Gazastreifen ist die Debatte so angespannt wie selten zuvor. In der politischen und gesellschaftlichen Landschaft der deutschen Hauptstadt Berlin zeigt sich diese Entwicklung durch eine Vielzahl von Demonstrationen und Kundgebungen, bei denen regelmäßig auch propalästinensische Parolen zu hören sind. Besonders Augenmerk liegt auf dem Slogan "From the river to the sea, Palestine will be free", dessen Bedeutung und rechtliche Einschätzung derzeit die Justiz, die Polizei und die Gesellschaft gleichermaßen beschäftigt.

Die Forderung nach einem freien Palästina zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer wird von vielen als ein Ausdruck des legitimen Wunsches nach Selbstbestimmung angesehen. Doch gerade seit die Gewalt im Nahen Osten erneut aufgeflammt ist, wird sie in Deutschland immer öfter als Angriff auf das Existenzrecht Israels gedeutet. Der Slogan sorgt für Spaltung: Während er für einige ein Protest gegen die israelische Besatzungspolitik ist, sehen andere darin eine klare Delegitimierung des Staates Israel oder sogar eine Anspielung auf die Vernichtung Israels. Die Ambivalenz macht es zu einer juristischen und politischen Gratwanderung, die Parole zu bewerten.

In diesem Zusammenhang steht die Berliner Polizei vor einem Dilemma. Einerseits hat sie die Pflicht, das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit zu schützen; andererseits muss sie Straftaten verfolgen und Zeichen terroristischer Organisationen unterbinden. Die Rechtslage ist alles andere als klar: Während einige Gerichte die Nutzung der Parole als strafbar ansehen, sehen andere darin keinen Verstoß gegen das Gesetz. Für die Polizei heißt das Unsicherheit während des Einsatzes – und für die Demonstrierenden besteht das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung, selbst wenn es am Ende zu einem Freispruch kommt.

In Berlin sind in den letzten drei Monaten über 260 Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt angemeldet worden, die meisten davon sind propalästinensisch. Die Behörden stehen vor enormen Herausforderungen durch diese Dynamik, insbesondere weil immer wieder spontane Proteste und unangemeldete Versammlungen dazu kommen. Deshalb setzt die Polizei weiterhin auf ein konsequentes Einschreiten, wenn die umstrittene Parole geäußert wird, weil die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht auf Strafbarkeit sieht. Es ist entscheidend, dass die Einsatzkräfte Handlungssicherheit haben, denn in der angespannten Situation können Fehlentscheidungen gravierende Folgen haben – sowohl juristisch als auch gesellschaftlich.

Die Debatte über die Parole hat sich längst zu einem Symbol für die tiefere Spaltung der deutschen Gesellschaft entwickelt: zwischen Meinungsfreiheit und staatlicher Schutzpflicht, zwischen Solidarität mit Israel und Unterstützung für die Palästinenser, zwischen juristischer Klarheit und politischer Ambivalenz. In acht Abschnitten wird untersucht, wie die Berliner Polizei und die Justiz mit dem Slogan umgehen, wie unterschiedlich die Gerichte urteilen, welche Rolle die Politik spielt und welche Folgen dieses Vorgehen auf die Versammlungsfreiheit und das gesellschaftliche Klima in Berlin und darüber hinaus hat.

Historische Einordnung der Parole und ihre Bedeutung

Die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free", was so viel bedeutet wie "Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein", ist im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt schon lange zu hören. Der Slogan wurde ursprünglich von verschiedenen palästinensischen politischen und gesellschaftlichen Gruppen genutzt, um den Anspruch auf das gesamte Gebiet zwischen dem Jordanfluss und dem Mittelmeer zu formulieren. Diese Region beinhaltet das heutige Israel, das Westjordanland und den Gazastreifen. Für zahlreiche Palästinenser steht die Parole für die Hoffnung, dass die israelische Besatzung endet und ein unabhängiger palästinensischer Staat entsteht.

Die Auslegung des Slogans ist jedoch umstritten. Palästinensische Aktivisten betonen, dass es vor allem um Selbstbestimmung, Freiheit und Gleichberechtigung gehe, doch viele Kritiker sehen darin eine implizite Ablehnung des Existenzrechts Israels. In Israel und in jüdischen Gemeinschaften weltweit wird die Parole oft als Aufruf zur Auslöschung des israelischen Staates verstanden, weil sie das gesamte Staatsgebiet Israels betrifft. Weil es so gegensätzliche Auffassungen darüber gibt, was die Parole bedeutet, ist sie extrem polarisiert und ruft fast zwangsläufig politische und gesellschaftliche Kontroversen hervor.

In Deutschland ist die Parole spätestens mit dem Anstieg der propalästinensischen Demonstrationen nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Obwohl sie von propalästinensischen Gruppen als legitime Kritik an der israelischen Politik und als Solidarität mit den Palästinensern genutzt wird, betrachten viele Politiker und Vertreter jüdischer Organisationen sie als einen Ausdruck von Antisemitismus. Die Parole, die als Kennzeichen der verbotenen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gilt, wurde vom Bundesinnenministerium so bewertet, was die rechtliche Diskussion weiter kompliziert.

Die Diskussion über die Parole ist also nicht nur ein Zeichen des Nahostkonflikts, sondern auch ein Spiegelbild gesellschaftlicher Streitigkeiten über Antisemitismus, Meinungsfreiheit und Deutschlands Beziehung zu Israel. Durch die historische Einordnung wird klar, dass der Slogan weit mehr als ein politischer Spruch ist; er fungiert als Symbol für die komplexen und oft widersprüchlichen Einstellungen zum Konflikt im Nahen Osten. In diesem Kontext agieren die deutschen Behörden, wenn sie darüber entscheiden, ob die Parole zulässig oder strafbar ist.

Rechtliche Rahmenbedingungen und die Rolle der Justiz

Die deutsche Justiz bewertet die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" alles andere als einheitlich. Obwohl das Bundesinnenministerium und mehrere Landesbehörden die Parole als Kennzeichen der verbotenen Hamas ansehen, haben Gerichte in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich darüber entschieden. Das rechtliche Fundament für ein mögliches Verbot bildet hauptsächlich § 86a des Strafgesetzbuches, welcher das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger oder terroristischer Organisationen bestraft.

Einige Gerichte sehen im Skandieren der Parole einen klaren Bezug zur Hamas, was einen Straftatbestand darstellt. Im November 2024 verurteilte das Landgericht Berlin eine Frau wegen der Verbreitung des Slogans zu einer Geldstrafe, weil es ihn als ein Symbol der Hamas ansah und somit strafbar sei. Das Urteil ist rechtskräftig und wird als wegweisend für andere Verfahren angesehen. Selbst Gerichte in Bayern, Niedersachsen, dem Saarland, Sachsen und Thüringen schließen sich dieser Sichtweise an, wenn ein Zusammenhang mit der Hamas oder dem verbotenen palästinensischen Netzwerk Samidoun erkennbar ist.

Bei einigen Verwaltungsgerichten ist die Situation jedoch anders. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied im März 2024, dass die Stadt Frankfurt das Verwenden der Parole während einer Kundgebung nicht verbieten dürfe. In der Beurteilung des Gerichts ist der Slogan zwar möglicherweise problematisch, jedoch nicht zwangsläufig als das Kennzeichen einer terroristischen Organisation zu werten. Aktivistin, die bei einer Demonstration die Parole skandiert hatte, wurde auch vom Amtsgericht Tiergarten kürzlich freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat aber Rechtsmittel eingelegt, weshalb eine endgültige Klärung noch aussteht.

Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Demonstrierenden sind durch diese gegensätzlichen Urteile sehr verunsichert. Ohne eine Entscheidung von höchster Instanz, wie sie der Bundesgerichtshof treffen könnte, bleibt die Rechtslage unklar. Die Berliner Polizei folgt momentan der Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die immer noch einen Anfangsverdacht für die Strafbarkeit der Parole sieht. Das heißt, dass auch wenn am Ende ein Freispruch steht, bei Demonstrationen weiterhin Personalien aufgenommen und Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Um den Behörden und der Zivilgesellschaft Rechtssicherheit zu geben, wird der Ruf nach einer klaren und rechtsverbindlichen Entscheidung immer dringlicher.

Unterschiedliche Rechtsprechung in den Bundesländern

Das Vorgehen der Berliner Polizei steht im Fokus der aktuellen Debatte; sie handelt bei ihren Einsätzen nach den Vorgaben der Staatsanwaltschaft und der Einschätzung der politischen Führung. In einer schwierigen Situation befinden sich die Einsatzkräfte: Sie müssen einerseits das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung schützen, andererseits aber auch verhindern, dass strafbare Handlungen begangen werden. Besonders bei Demonstrationen, auf denen die umstrittene Parole lautstark skandiert wird, stehen die Beamten in einem Spannungsfeld zwischen Deeskalation und Repression.

Die Polizei hat bereits angekündigt, dass sie weiterhin konsequent handeln wird, wenn die umstrittene Parole verwendet wird. In der Praxis heißt das, dass die Beamten die Demonstrierenden ansprechen, ihre Personalien aufnehmen und den Vorfall dokumentieren, sobald der Slogan ertönt. Ermittlungsverfahren werden oft eingeleitet, die entweder in einer Anklage oder in der Einstellung enden – abhängig von der späteren rechtlichen Beurteilung durch die Justiz. Die Polizei macht deutlich, dass sie zur Strafverfolgung verpflichtet ist, wenn es einen Anfangsverdacht gibt, unabhängig davon, wie das Gericht später entscheidet.

Diese Vorgehensweise beeinflusst die Demonstrierenden erheblich. Einschüchterungsversuche und das Gefühl, gezielt überwacht und kriminalisiert zu werden, sind Berichten von zahlreichen Personen zu entnehmen. Menschenrechtsorganisationen üben die Kritik, dass dies das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit einschränke. Die Polizei hingegen betont, dass es wichtig ist, präventiv zu handeln, um eine mögliche Eskalation und die Verbreitung extremistischer Inhalte zu verhindern.

Die Polizei muss sich auch personell den Herausforderungen stellen, die durch die hohe Zahl von Demonstrationen – über 260 in nur drei Monaten – entstehen. Um die Sicherheit zu garantieren und auf mögliche strafbare Handlungen zu reagieren, sind oft viele Beamte im Einsatz. Die Unklarheit über die Rechtslage verstärkt den Druck auf die Einsatzkräfte, die in Echtzeit Entscheidungen treffen müssen, die für die Betroffenen erhebliche Folgen haben können. Die Bitte um klarere Vorgaben und eine eindeutige höchstrichterliche Klärung wird daher auch von der Polizei immer lauter.

Das Vorgehen der Berliner Polizei im Einsatzalltag

Nicht nur in Berlin, sondern auch bundesweit ist man sich über die juristische Bewertung der Pro-Palästina-Parole uneinig. Obwohl das Bundesinnenministerium mit einer klaren Linie vorangeht und die Parole als Kennzeichen der verbotenen Hamas einstuft, haben die Landesbehörden und Gerichte unterschiedliche Interpretationen der Situation. In Bayern etwa hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im August 2024 das Verbot des Slogans bei einer Demonstration bestätigt und ihn als Terror-Kennzeichen eingestuft. Im September 2024 entschied auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf ähnlich in Bezug auf die Demonstrationen in Duisburg und Düsseldorf.

In anderen Bundesländern wie Niedersachsen, Sachsen, Saarland und Thüringen folgen die Staatsanwaltschaften der Einschätzung des Bundesinnenministeriums und verfolgen die Parole strafrechtlich, wenn ein Zusammenhang zu Hamas oder Samidoun erkennbar ist. Die Praxis der Strafverfolgung ist jedoch je nach Einzelfall und der spezifischen Auslegung durch die Behörden unterschiedlich. In manchen Fällen genügt es schon, dass man etwas skandiert, während andernorts eine explizite Verbindung zu verbotenen Organisationen gefordert wird.

Im Gegensatz dazu gibt es Entscheidungen, wie die des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der im März 2024 das Verbot der Parole durch die Stadt Frankfurt für unzulässig erklärte. In Berlin entschied das Amtsgericht Tiergarten anders, indem es eine Aktivistin freisprach; die Staatsanwaltschaft hat jedoch dort Rechtsmittel eingelegt. Diese gegensätzlichen Entscheidungen zeigen die Rechtsunsicherheit auf, die nicht nur die Polizei, sondern auch die Demonstrierenden und die Veranstalter betrifft.

Das Ergebnis dieser unterschiedlichen Rechtsprechung ist eine Flickenteppich-Situation, in der die Maßstäbe je nach Bundesland und Gericht variieren. Das führt für bundesweit tätige Organisationen und Aktivistengruppen zu einer erheblichen Unsicherheit, wenn sie Demonstrationen planen und durchführen wollen. Auch für die Polizei ergeben sich daraus Herausforderungen, weil sie im Zweifelsfall an der restriktivsten Auslegung orientiert sein muss, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Um sowohl die Rechtssicherheit als auch die Grundrechte der Versammlungsteilnehmer zu schützen, ist die Debatte über eine einheitliche Regelung jetzt wichtiger denn je.

Politische Debatten und die Rolle der Bundesregierung

Die Debatte über die Pro-Palästina-Parole ist schon lange ein Politikum, das weit über eine juristische Einordnung hinausgeht. In der politischen Diskussion gilt der Umgang mit propalästinensischen Demonstrationen und der umstrittenen Parole als Maßstab für die Haltung Deutschlands im Nahostkonflikt und für das Engagement gegen Antisemitismus. Viele Politikerinnen und Politiker fordern ein hartes Vorgehen gegen die Parole, weil sie das Existenzrecht Israels infrage stelle und antisemitische Ressentiments fördere.

Die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" wurde vom Bundesinnenministerium offiziell als Kennzeichen der verbotenen Hamas eingestuft. Viele sehen in dieser Entscheidung ein politisches Signal, dass der Staat mit Entschlossenheit gegen extremistische und antisemitische Aktivitäten vorgeht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat immer wieder betont, dass Deutschland Hassparolen und Gewalt auf Demonstrationen nicht tolerieren darf. Die Bundesregierung bekennt sich weiterhin eindeutig zum Existenzrecht Israels und sieht die Parole als Angriff auf diese Grundposition.

Andererseits warnen einige Akteure in der Politik vor einer Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Abgeordnete linker Parteien und Vertreter:innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen sind der Meinung, dass das Verbot der Parole eine pauschale Kriminalisierung palästinensischer Aktivisten und ihrer Unterstützer zur Folge habe. Sie erkennen die Gefahr, dass legitimer Protest gegen die israelische Politik und Solidarität mit den Palästinensern unter Generalverdacht geraten.

Die Diskussion ist umstritten, sowohl innerhalb der Parteien als auch zwischen Bund und Ländern. Während einige Staaten eine restriktivere Strategie verfolgen und Demonstrationen mit dieser Parole konsequent unterbinden, setzen andere auf eine differenzierte Einzelfallprüfung. Die Bundesregierung ist erneut auf einen Konsens mit den Ländern angewiesen, weil das Versammlungsrecht in deren Zuständigkeit liegt. Somit zeigt die politische Debatte die gesellschaftliche Polarisierung und die Schwierigkeiten, mit denen der deutsche Rechtsstaat steht, wenn es um den Ausgleich zwischen Grundrechten, Sicherheitsinteressen und internationaler Verantwortung geht.

Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima und die Versammlungsfreiheit

Die Diskussion über die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" hat das gesellschaftliche Klima in Berlin und darüber hinaus erheblich beeinflusst. Die vielen propalästinensischen Demonstrationen und die Polizeieinsätze, die sie mit sich bringen, verstärken die öffentliche Debatte über Antisemitismus, Meinungsfreiheit und das Verhältnis zu Israel. Viele jüdische Organisationen und Einzelpersonen empfinden durch die Parole und die teils aggressiven Proteste eine Bedrohung und verlangen nach einem stärkeren staatlichen Schutz.

Zur selben Zeit erleiden palästinensische Aktivisten und ihre Unterstützer immer häufiger Repressionen und polizeiliche Maßnahmen. Sie schildern ein Klima der Misstrauen und Kriminalisierung, das nicht nur die freie Meinungsäußerung, sondern auch die politische Teilhabe erschwert. Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch, die sich für Menschenrechte einsetzen, schlagen Alarm über eine mögliche Aushöhlung der Versammlungsfreiheit und fordern eine ausgewogene Abwägung zwischen Sicherheitsinteressen und Grundrechten.

In sozialen Medien und im öffentlichen Diskurs ist die Polarisierung ebenfalls zu beobachten. Während es Befürworter der konsequenten Strafverfolgung der Parole als notwendigen Schutz vor Antisemitismus gibt, sehen andere darin eine Einschränkung der demokratischen Grundrechte und eine Gefahr für die offene Gesellschaft. Die Diskussion über die Parole ist zu einem Symbol für die gesellschaftlichen Konfliktlinien geworden, die über den Nahostkonflikt hinausreichen.

Die Zivilgesellschaft steht vor der Herausforderung, angemessen mit kontroversen politischen Positionen und Protestformen umzugehen. Es ist eine Herausforderung, die berechtigten Sicherheitsbedürfnisse jüdischer Bürger und die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gleichzeitig zu schützen. Ohne eine klare und konsensfähige Lösung könnte die gesellschaftliche Spaltung weiter zunehmen, was langfristig das demokratische Miteinander in Berlin und ganz Deutschland gefährden könnte.

Internationale Perspektiven und Vergleiche

Die Diskussion über die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" findet nicht nur in Deutschland statt. In anderen westlichen Demokratien wird ebenfalls über die Zulässigkeit des Slogans und die Grenzen der Meinungsfreiheit gestritten. In Großbritannien hat die Regierung den Slogan in bestimmten Kontexten als antisemitisch eingestuft und über ein Verbot auf Demonstrationen nachgedacht. In den USA ist die Parole auf Universitätscampus und bei Protesten ebenfalls ein heiß umstrittenes Thema, wobei die rechtlichen Rahmenbedingungen dort grundlegend anders sind als in Deutschland.

In Frankreich wurde der Slogan in der Vergangenheit manchmal bei Demonstrationen untersagt, besonders wenn ein Bezug zu extremistischen Gruppen hergestellt werden konnte. Die französische Regierung handelt allgemein restriktiver gegen pro-palästinensische Demonstrationen, wenn sie diese als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder das gesellschaftliche Miteinander betrachtet. In anderen europäischen Ländern, darunter Österreich und die Niederlande, werden propalästinensische Parolen und Symbole ebenfalls zunehmend kritisch betrachtet und sind teilweise verboten.

Es gibt jedoch auch Staaten, in denen die Parole als ein legitimer Ausdruck politischer Meinung gilt und ein Verbot als Einschränkung der Meinungsfreiheit angesehen wird. Die verschiedenen Ansätze spiegeln die jeweilige rechtliche, politische und gesellschaftliche Kultur wider. In Deutschland ist die historische Verantwortung gegenüber dem Staat Israel und der Kampf gegen Antisemitismus ein zentrales Element der politischen Identität, was die Debatte zusätzlich kompliziert.

Internationale Menschenrechtsorganisationen verfolgen die Entwicklungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit Besorgnis. Ihr Hinweis besagt, dass man vorsichtig sein sollte, wenn man politische Parolen zu stark einschränkt, da dies die Grundrechte gefährden könnte. Sie unterstreichen gleichzeitig, wie wichtig es ist, Hassrede und Gewaltaufrufe konsequent zu bekämpfen. Der internationale Vergleich macht deutlich, dass es keine einfache Lösung gibt und jede Gesellschaft ihren eigenen Weg finden muss, um mit den Herausforderungen des Nahostkonflikts im eigenen Land umzugehen.

Ausblick: Forderungen nach Klarheit und Reformen

Wegen der andauernden Unsicherheit verlangen viele aus den Bereichen Justiz, Politik und Zivilgesellschaft eine Klärung der Rechtslage bezüglich der Pro-Palästina-Parole. Vor allem die Polizei und die Staatsanwaltschaften fordern eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um bundesweit Rechtssicherheit zu schaffen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs oder des Bundesverfassungsgerichts könnte verbindliche Maßstäbe für die Auslegung des Strafrechts in Bezug auf politische Parolen schaffen und so den Flickenteppich aus Einzelfallentscheidungen beenden.

Selbst auf politischer Ebene sind Reformen ein Thema der Diskussion. Um klarer zwischen legitimer Meinungsäußerung und strafbarer Sympathiewerbung für terroristische Organisationen zu unterscheiden, fordern einige eine Präzisierung der gesetzlichen Regelungen. Andere setzen sich dafür ein, zivilgesellschaftliche Akteure stärker einzubeziehen und einen offenen gesellschaftlichen Dialog über die Grenzen von Protest und Solidarität zu führen. Jüdische Organisationen fordern einen besseren staatlichen Schutz vor antisemitischer Hetze, während palästinensische Gruppen die Wahrung der Versammlungsfreiheit einfordern.

Es ist eine Herausforderung, die unterschiedlichen Interessen und Grundrechten in Einklang zu bringen. Die Diskussion über die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" ist nur ein Beispiel für die grundlegenden Fragen, die sich stellen, wenn man mit politischen Protesten und gesellschaftlichen Konflikten umgeht. Ohne eine rechtliche Klärung und eine umfassende gesellschaftliche Diskussion könnte die Polarisierung weiter zunehmen. In den nächsten Monaten wird sich herausstellen, ob es gelingt, einen Konsens zu finden, der sowohl die Sicherheit als auch die demokratischen Grundrechte in Berlin und ganz Deutschland schützt.