Gesellschaft

Zunahme von Straßenkriminalität: Charité veröffentlicht aktuelle Analyse

Die Charité berichtet über einen deutlichen Anstieg gewalttätiger Übergriffe im öffentlichen Raum und warnt vor den Folgen für die Gesellschaft.

Charité analysiert zunehmende Straßenkriminalität.

Seit Jahren beschäftigt die Gewalt auf den Straßen der deutschen Großstädte Politik, Polizei und Gesellschaft. In Berlin, einer Großstadt mit über drei Millionen Einwohnern, sind die Herausforderungen besonders offensichtlich. Die Anzahl der Fälle, die als körperliche Gewalt gemeldet werden, steigt kontinuierlich, und immer mehr Betroffene suchen Hilfe. Experten und Mediziner beobachten jetzt einen erheblichen Anstieg gewalttätiger Vorfälle im öffentlichen Raum, nachdem man lange Zeit häusliche Gewalt oder Übergriffe im privaten Umfeld thematisierte. Es scheint, als würde die Hemmschwelle für tätliche Angriffe sinken; Was man früher im Verborgenen tat, geschieht heute immer mehr ganz offen.

Die Gewaltschutzambulanz der Charité, die in Berlin eine zentrale Anlaufstelle für Gewaltopfer ist, präsentiert jährlich ihre Bilanz und gewährt damit einen seltenen Blick auf das sogenannte "Hellfeld" – den Teil der Gewalttaten, der tatsächlich angezeigt, dokumentiert und ausgewertet wird. Die Analyse für das Jahr 2025 zeigt einen alarmierenden Trend: Die Anzahl der Menschen, die Gewalt im öffentlichen Raum erleidet, steigt, und die registrierten Verletzungen variieren von einfachen Hämatomen bis zu lebensbedrohlichen Verletzungen. Ein besonders besorgniserregender Aspekt ist der Anstieg der Übergriffe durch Unbekannte, oft ohne erkennbaren Grund, wie die Rechtsmedizinerin Dr. Larissa Amadasi erklärt. Die Opfer sind dabei nicht nur Erwachsene; auch Kinder und Jugendliche werden immer häufiger von Gewalttätern angegriffen.

Es gibt zahlreiche Faktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Immer wieder werden gesellschaftliche Spannungen, soziale Ungleichheit, die Folgen der Pandemie und eine erhöhte Unsicherheit im öffentlichen Raum als mögliche Ursachen genannt. Die Ärzte der Charité sehen jeden Tag, welche Auswirkungen diese Gewalt auf die Betroffenen hat – sei es körperlich, psychisch oder sozial. Die zunehmende Zahl der dokumentierten Fälle ist jedoch nur ein Indikator für ein viel größeres Problem. Viele Opfer melden sich aus verschiedenen Gründen, wie Angst vor Repressalien, Scham oder einem Mangel an Vertrauen in die Justiz, gar nicht erst bei den Behörden oder suchen keine medizinische Hilfe.

Die Gewaltschutzambulanz spielt daher eine entscheidende Rolle. Sie umfasst eine vertrauliche und kostenfreie Dokumentation von Verletzungen, bietet jedoch auch Beratung und Hilfe beim Kontakt zu Polizei, Beratungsstellen oder medizinischen Einrichtungen. Die Zahlen aus dem Jahr 2025 belegen: Das Angebot wird immer intensiver genutzt, was ein Zeichen für den großen Bedarf ist. Sie zeigt jedoch auch, wie dringend wirksame Präventions- und Schutzmaßnahmen gegen Gewalt im öffentlichen Raum benötigt werden. Die wichtigsten Erkenntnisse der aktuellen Bilanz werden im folgenden Artikel zusammengefasst, während die Hintergründe analysiert und Fachleute zu Wort kommen, die täglich mit den Folgen der steigenden Gewalt konfrontiert sind.

Gewalt auf offener Straße: Eine wachsende Herausforderung

Die steigende Gewalt auf offenen Straßen ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren immer mehr Gegenstand von gesellschaftlichen Diskussionen ist. Die aktuellen Zahlen der Charité-Gewaltschutzambulanz aus dem Jahr 2025 zeigen, dass diese Entwicklung durch handfeste statistische Daten belegt wird und somit nicht nur eine subjektive Wahrnehmung ist. Die 749 Betroffenen, die sich im ersten Halbjahr an die Ambulanz gewandt haben, sind zwar schon eine Zahl, aber besonders die 298 Personen, die explizit Opfer körperlicher Gewalt wurden, sind besorgniserregend. In dieser Zahl sind 197 Frauen und Mädchen sowie 100 Männer und Jungen enthalten – dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass Gewalt auf offener Straße kein geschlechtsspezifisches Problem ist.

Es ist besonders besorgniserregend, dass immer mehr Menschen berichten, sie seien von Unbekannten angegriffen worden. Die Gründe für solche Übergriffe sind häufig unbekannt. Oft sind es Zufallsopfer, die ohne erkennbaren Grund angegriffen werden. Die Zunahme solcher Vorfälle deutet darauf hin, dass die Aggressionsbereitschaft in der Gesellschaft insgesamt wächst. Fachleute wie Dr. Larissa Amadasi beobachten einen klaren Trend zur Enthemmung, der sich öffentlich zeigt. Es gibt zahlreiche Gründe dafür: Es werden mögliche Ursachen wie ökonomische Unsicherheit, gesellschaftliche Fragmentierung und die Nachwirkungen der sozialen Isolation während der Pandemie in Betracht gezogen.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind schwerwiegend. Es ist nicht nur das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung betroffen; auch das Vertrauen in die Fähigkeit von Polizei und Justiz, die Bürger effektiv zu schützen, leidet darunter. Öffentliche Gewalt beeinträchtigt direkt die Lebensqualität in der Stadt. So berichten beispielsweise Einzelhändler von einer wachsenden Angst bei Kunden und Mitarbeitern, während Eltern ihre Kinder weniger unbeschwert alleine auf die Straße lassen. Die Polizei antwortet mit erhöhten Streifen und Präventionsprogrammen, aber der Erfolg dieser Maßnahmen ist umstritten.

Ein weiteres Problem ist das sogenannte Dunkelfeld, welches die vielen Fälle umfasst, die nicht einmal angezeigt oder medizinisch dokumentiert werden. Dr. Amadasi unterstreicht, dass vor allem diejenigen, die schwerer Gewalt betroffen sind, oft nicht zur Ambulanz oder zur Polizei finden. Es gibt viele Gründe dafür: Furcht vor weiteren Übergriffen, Unkenntnis über Hilfsangebote oder einfach Resignation angesichts der eigenen Situation. Ein großer Teil der Gewalt bleibt unsichtbar, was die Entwicklung noch schwerer einschätzt.

Die steigende Gewalt auf offener Straße ist im Jahr 2025 eine der größten Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Sie erfordert nicht nur eine verstärkte Prävention und einen Ausbau der Hilfsangebote für Betroffene, sondern auch eine intensive Auseinandersetzung mit den tieferliegenden Ursachen dieser besorgniserregenden Entwicklung.

Die Rolle der Gewaltschutzambulanz: Hilfe zwischen Dokumentation und Beratung

Im deutschen Hilfesystem für Gewaltopfer ist die Gewaltschutzambulanz der Charité eine zentrale Einrichtung. Gegründet im Jahr 2014, ist sie mittlerweile eine wichtige Anlaufstelle für alle, die Gewalt erfahren haben – sei es im privaten Umfeld oder auf offener Straße. Die Ambulanz bietet einen einzigartigen Service: Verletzte Personen können ihre Verletzungen kostenlos und vertraulich von Rechtsmedizinern dokumentieren lassen, ohne dass sie sofort eine Anzeige erstatten müssen.

Bis zum 30. Juni 2025 haben insgesamt 749 Personen diesen Service genutzt. Die medizinische Untersuchung und Dokumentation werden nach den höchsten rechtsmedizinischen Standards durchgeführt, damit die gesammelten Befunde als Beweismittel in einer späteren Gerichtsverhandlung dienen können. Ein wichtiges Ziel der Ambulanz ist es, die Hilfesuche für Menschen so einfach wie möglich zu gestalten. Es ist nicht erforderlich, dass jemand im Rahmen der Dokumentation bereits juristische Schritte einleitet. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, in Ruhe zu überlegen, ob sie eine Anzeige erstatten möchten. Für viele ist diese Möglichkeit eine große Erleichterung, besonders in der akuten Phase nach einem Übergriff.

Die Ambulanz bietet neben der Dokumentation der Verletzungen auch weiterführende Beratung an. Betroffene Personen werden, wenn nötig, an Beratungsstellen, medizinisches Fachpersonal oder die Polizei vermittelt. Im ersten Halbjahr 2025 gab es in 372 Fällen diese Art von Unterstützung. Im Jahr 2024 belief sich die Zahl auf 754. Ein entscheidender Aspekt für die Effektivität der Arbeit der Einrichtung ist, wie gut sie sich mit anderen Institutionen des Hilfesystems vernetzt hat. Professionelle Hilfe von der Ambulanz ist besonders für Menschen in Ausnahmesituationen, die mit Ängsten, Schuldgefühlen oder Scham kämpfen, eine wichtige Unterstützung.

Es ist auch ein Zeichen ihrer Bedeutung, dass immer mehr Fachleute aus der Medizin und sozialen Arbeit die Gewaltschutzambulanz um Hilfe bitten. Im Jahr 2025 haben Kinderärzte, Allgemeinmedizinern und Kinderschutzambulanzen ihre Beratungen immer gezielter und sicherer gestaltet. Die kontinuierliche Schulungsarbeit der Gewaltschutzambulanz hat diesen Erfolg erzielt. In 74 Veranstaltungen haben wir im vergangenen Jahr fast 1.600 Personen weitergebildet. Fokus lagen häusliche Gewalt, Kindesmisshandlung und der Umgang mit Gewaltopfern im Allgemeinen.

Die Ambulanz hilft nicht nur direkt den Betroffenen; sie hat auch die wichtige Aufgabe, den medizinischen und sozialen Sektor zu sensibilisieren und zu professionalisieren. Trotz allem sind die Ressourcen begrenzt, und der wachsende Bedarf bringt neue Herausforderungen für die Einrichtung mit sich. Obwohl die Senatsjustizverwaltung die Finanzierung gesichert hat, zeigt der zunehmende Zulauf, dass es dringend notwendig ist, weiter in Prävention, Beratung und medizinische Versorgung zu investieren.

Statistische Entwicklungen und das Hellfeld der Gewalt

Ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Charité-Gewaltschutzambulanz aus dem Jahr 2025 ermöglicht es, das sogenannte Hellfeld der Gewaltstraftaten in Berlin genau zu betrachten. Als Hellfeld wird der Teil der Kriminalität bezeichnet, der durch Anzeigen, medizinische Dokumentationen und polizeiliche Ermittlungen sichtbar ist. Das Dunkelfeld umfasst hingegen all die Straftaten, die nie gemeldet oder aufgeklärt werden.

Im ersten Halbjahr 2025 wurden 298 Personen, die körperliche Gewalt erfahren hatten, medizinisch dokumentiert; im gesamten Jahr 2024 waren es 643. Im Jahr 2024 verzeichneten wir über alle Beratungs- und Dokumentationsfälle hinweg 1.594 Hilfesuchende, was im Vergleich zu den 1.719 Fällen im Jahr 2023 einen leichten Rückgang bedeutet. Es ist jedoch auffällig, dass die Anzahl der dokumentierten Gewaltopfer auf offener Straße steigt, obwohl die Gesamtzahl der Fälle sich stagniert oder sogar leicht zurückgeht. Das könnte darauf hindeuten, dass sich die Formen der Gewalt verschieben oder dass die Betroffenen ihre Erfahrung anders wahrnehmen und deshalb weniger motiviert sind, sie zu melden.

Die Geschlechterverteilung unter den Opfern zeigt, dass Frauen und Mädchen mit 197 von 298 dokumentierten Fällen im ersten Halbjahr 2025 besonders häufig betroffen sind. Dennoch machen Männer und Jungen (100 Fälle) einen erheblichen Anteil aus, was den weit verbreiteten Mythos widerlegt, dass Männer selten Opfer von Gewalt sind. Die Altersstruktur der Hilfesuchenden umfasst alle Generationen – von Kindern und Jugendlichen bis zu Senioren, was die Wichtigkeit einer altersgerechten Beratung und Versorgung betont.

Es ist erfreulich, dass die Zahl der kurzfristigen Terminabsagen sinkt. Im ersten Halbjahr 2025 haben 47 Personen ihren Termin nicht wahrgenommen, während es im gesamten Jahr 2024 noch 137 und im Jahr davor 154 waren. Es scheint, dass das Vertrauen in die Ambulanz zunimmt und die Hemmschwelle, Hilfe in Anspruch zu nehmen, dadurch gesenkt wird. Dies wurde auch durch die gezielte Aufklärung und die stetige Professionalisierung des Personals erreicht.

Die Rechtsmediziner der Charité haben durch die Dokumentation von Gewaltfällen eine wichtige Rolle mit weitreichenden Konsequenzen. Sie liefert nicht nur entscheidende Beweise für Gerichtsverfahren, sondern hilft auch dabei, gesellschaftliche Entwicklungen zu erfassen und zu analysieren. Trotzdem ist das Dunkelfeld nach wie vor erheblich. Aus Angst vor weiteren Übergriffen, Scham oder mangelndem Wissen über Hilfsangebote scheuen viele Betroffene den Weg zur Polizei oder zur Ambulanz. Es wird angenommen, dass die Gewalt auf offener Straße weit verbreitet ist, obwohl die offiziellen Statistiken das Gegenteil vermuten.

Die Entwicklung der Zahlen zeigt klar, dass Gewalt auf offener Straße kein Randphänomen mehr ist. Weite Bevölkerungsteile sind betroffen, weshalb ein differenziertes und zielgerichtetes Vorgehen notwendig ist. Trends frühzeitig zu erkennen und wirksame Präventions- sowie Interventionsmaßnahmen zu schaffen, ist nur durch die kontinuierliche Erhebung und Auswertung der Daten möglich.

Ursachen und gesellschaftliche Hintergründe der zunehmenden Gewalt

Es gibt viele Gründe, die zur Zunahme von Gewalt auf offener Straße beitragen; sie kann nicht auf einen einzigen Faktor zurückgeführt werden. Es ist vielmehr das Ergebnis eines Zusammenspiels von unterschiedlichen gesellschaftlichen, ökonomischen und individuellen Faktoren, die sich gegenseitig verstärken können. Gesellschaftswissenschaftler und Kriminologen machen darauf aufmerksam, dass Veränderungen in der Gesellschaft, wie die zunehmende soziale Ungleichheit, das Schwinden traditioneller Bindungen und die verringerte soziale Kontrolle im öffentlichen Raum, das Gewaltpotenzial steigern können.

Ein wichtiger Punkt ist die erhöhte Alltagsbelastung vieler Menschen. Eine erhöhte Grundspannung ist die Folge von ökonomischen Unsicherheiten, Zukunftsängsten und dem wachsenden Druck in Beruf und Privatleben. Dies kann das Risiko erhöhen, Konflikte gewaltsam auszutragen, wenn man sich gesellschaftlich ohnmächtig oder ausgegrenzt fühlt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind dabei immer noch spürbar: Eine langanhaltende soziale Isolation, das Wegbrechen von Routinen und der erschwerte Zugang zu Hilfsangeboten haben vor allem bei jungen Menschen die psychischen Probleme und Aggressionen zunehmen lassen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Anonymität und soziale Distanz in der Stadt immer mehr zunehmen. In Metropolen wie Berlin begegnet man sich oft anonym, was die Hemmschwelle für Gewalt senkt. Die Täter glauben eher, nicht identifiziert zu werden, wenn sie sich weniger beobachtet fühlen. Die Digitalisierung und dass ein Großteil der sozialen Interaktionen mittlerweile ins Netz verlagert wurde, tragen ebenfalls dazu bei. Forschungsergebnisse belegen, dass die gewaltverherrlichende Darstellung in sozialen Medien und das Teilen von Gewaltvideos die Akzeptanz und Nachahmung von Gewalthandlungen fördern können.

Alkohol und Drogen haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss, da sie bei vielen Übergriffen auf offener Straße eine Rolle spielen. Vor allem in den Abend- und Nachtstunden, wenn Bars, Clubs und andere Freizeitangebote den öffentlichen Raum beleben, erhöht sich das Risiko für gewalttätige Auseinandersetzungen erheblich. Regelmäßig berichtet die Polizei, dass Gewaltdelikte an Wochenenden und in den sogenannten "Ausgehvierteln" der Stadt auffällig häufig vorkommen.

Die Verschärfung der Situation wird ebenfalls durch politische und gesellschaftliche Polarisierung begünstigt. Die Verschlechterung der öffentlichen Debatte, der Anstieg von Hasskriminalität und die Zunahme extremistischer Gewalt sind immer häufiger im Alltag zu beobachten. Zielgerichtete Übergriffe treffen häufiger Minderheiten, Menschen mit Migrationshintergrund oder sichtbare Vertreter bestimmter Gruppen.

Die Wissenschaft macht deutlich, dass eine ganzheitliche Betrachtung der Gewaltursachen notwendig ist, um effektive Prävention zu ermöglichen. Neben repressiven Maßnahmen wie einer erhöhten Polizeipräsenz sind auch soziale und bildungspolitische Initiativen wichtig, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern und benachteiligten Gruppen neue Perspektiven bieten. Die Gewaltschutzambulanz macht deutlich, wie entscheidend es ist, dass Hilfe leicht zugänglich ist und dass medizinische, soziale und polizeiliche Institutionen eng zusammenarbeiten, um Gewalt effektiv zu bekämpfen.

Die Auswirkungen auf Betroffene: Körperliche, psychische und soziale Folgen

Die Auswirkungen von Gewalt auf offener Straße sind weitreichend und betreffen mehr als nur die unmittelbaren körperlichen Verletzungen. Die Erlebnisse, Opfer eines Übergriffs gewesen zu sein, können bei den Betroffenen gravierende und langanhaltende Auswirkungen haben. Die medizinische Versorgung durch die Gewaltschutzambulanz der Charité ist deshalb nur ein erster, aber entscheidender Schritt zur Verarbeitung des Erlebten.

Körperliche Verletzungen, die durch Schläge, Tritte oder Würgeattacken entstehen können, variieren von harmlosen Prellungen bis hin zu schwerwiegenden, manchmal lebensbedrohlichen Traumata. Die psychischen Folgen sind jedoch häufig das, was den Betroffenen am meisten zu schaffen macht. Angststörungen, Schlaflosigkeit, Panikattacken und depressive Verstimmungen sind häufige Reaktionen auf erlebte Gewalt. Eine anhaltende Furcht vor neuen Übergriffen entwickelt sich bei vielen Opfern, wodurch sie öffentliche Orte meiden, an denen sie sich zuvor sicher gefühlt haben. Soziale Einschränkungen sind die Folge, Freundschaften und familiäre Bindungen leiden darunter, und nicht selten ist eine soziale Isolation die Folge.

Die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sind besonders gravierend. Ihre Fähigkeit, das Erlebte zu verarbeiten, ist geringer, weshalb sie spezielle Hilfe brauchen. Um eine schnelle und passende Hilfe zu bieten, arbeitet die Charité eng mit Kinderschutzambulanzen und psychologischen Beratungsstellen zusammen. Forschungsergebnisse zeigen, dass das Risiko, im Erwachsenenalter psychische Erkrankungen zu entwickeln, erheblich steigt, wenn man als Kind oder Jugendlicher Gewalt erfahren hat und diese nicht behandelt wurde.

Ein zusätzliches Problem ist das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit, das viele Menschen nach einem Angriff empfinden. Die Wahl, den Vorfall zu melden oder sich medizinisch untersuchen zu lassen, ist häufig von Scham und der Angst vor Stigmatisierung geprägt. Die Option, Verletzungen vertraulich und ohne sofortige Anzeige dokumentieren zu lassen, wird von vielen als eine große Erleichterung angesehen. Trotzdem ist es eine langwierige und oft schmerzhafte Aufgabe, das Erlebte zu verarbeiten.

Die Auswirkungen sind ebenfalls auf gesellschaftlicher Ebene zu beobachten. Ein Anstieg von Gewalt auf offener Straße ist der Grund für das allgemeine Gefühl, dass Sicherheit abnimmt. Menschen meiden bestimmte Orte, der öffentliche Raum wird weniger attraktiv, und Misstrauen sowie Unsicherheit prägen das soziale Miteinander. Die Angst vor Gewalt kann besonders Menschen in fortgeschrittenem Alter, Alleinstehenden und Neuankömmlingen stark belasten.

Die Gewaltschutzambulanz hat deshalb nicht nur eine medizinische, sondern auch eine soziale und gesellschaftliche Funktion. Sie ermöglicht einen einfachen Zugang zu Hilfe, schafft Bewusstsein für die oft versteckten Folgen von Gewalt und hilft, das Thema aus der Tabuzone zu befreien. Die Hilfesuchenden im Jahr 2025 sind ein Beweis dafür, wie wichtig solche Angebote sind und dass der Bedarf nach weiterer Unterstützung weiterhin besteht.

Professionalisierung und Weiterbildung: Die Rolle der Schulungen

Ein zentraler Bestandteil im Kampf gegen Gewalt auf offener Straße ist die stetige Professionalisierung aller Akteurinnen und Akteure, die mit Opfern von Gewalt zu tun haben. Die Charité-Gewaltschutzambulanz ist hierbei ein Pionier. Im Jahr 2025 wurden die umfangreichen Schulungsprogramme für medizinisches Personal, Sozialarbeiter, Polizei und andere Multiplikatoren erneut durchgeführt. Die Maßnahmen sollen erreichen, dass die Sensibilität für die Gewaltfolgen-Erkennung geschärft, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen abgebaut und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen gefördert wird.

Im vergangenen Jahr haben wir im Rahmen von 74 Schulungen fast 1.600 Personen weitergebildet. Die Themen umfassen alles von der Identifizierung und Dokumentation äußerer Verletzungen über das Gespräch mit Betroffenen bis hin zu rechtlichen Aspekten der Beweissicherung. Ein wichtiger Fokus liegt darauf, das Bewusstsein für die besonderen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und anderen besonders schutzbedürftigen Gruppen zu schärfen. Die Schulungen werden regelmäßig überprüft und angepasst, um neuen Erkenntnissen aus der Wissenschaft und Praxis Rechnung zu tragen.

Die Rückmeldungen der Teilnehmenden belegen den großen Nutzen der Fortbildungen. Kinderärzte und Allgemeinmediziner berichten beispielsweise, dass sie sich nach den Schulungen sicherer fühlen, wenn es darum geht, Verdachtsfälle einzuschätzen. Früher wurde oft aus Unsicherheit vorschnell das Jugendamt eingeschaltet, doch heute können viele Situationen besser beurteilt und angemessen angegangen werden. Das ist eine Entlastung für alle Beteiligten: die Betroffenen und die Institutionen.

Ein weiteres Ziel der Schulungen ist es, das Bewusstsein für das Dunkelfeld der Gewalt zu erhöhen. Es ist vielen Fachkräften bekannt, dass ein großer Teil der Gewaltopfer niemals eine Ambulanz oder Beratungsstelle aufsucht. Deshalb ist es von großer Bedeutung, niedrigschwellige Zugänge zu etablieren und die Schwellenangst bei möglichen Opfern zu verringern. Die Charité arbeitet eng mit Schulen, Jugendämtern, Beratungsstellen und Polizei zusammen, um frühzeitig auf Hinweise von Gewalt reagieren zu können.

Die Ergebnisse dieser Professionalisierungsmaßnahmen sind unter anderem an den rückläufigen Zahlen der abgesagten Termine und den steigenden gezielten Anfragen von Fachleuten zu erkennen. Die Ambulanz sieht sich durch diese Erkenntnisse in ihrer Strategie bestärkt, die auf Prävention und Weiterbildung setzt. Trotzdem ist der Bedarf hoch, besonders in Anbetracht der zunehmenden Gewaltvorfälle auf offener Straße. Um eine wirksame Bekämpfung von Gewalt in der Gesellschaft zu erreichen, ist die fortlaufende Verbesserung der Schulungsangebote ein entscheidender Faktor.

Prävention und gesellschaftliche Verantwortung

Die Prävention von Gewalt auf offener Straße ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die über die Arbeit der Polizei und der medizinischen Einrichtungen hinausgeht. Die Charité-Gewaltschutzambulanz hat im Jahr 2025 bilanziert, dass Prävention auf mehreren Ebenen ansetzen muss, um erfolgreich zu sein.

Ein wichtiger Punkt ist, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Forschungsergebnisse zeigen, dass Gewalt besonders häufig dort vorkommt, wo soziale Bindungen schwach sind und das Gemeinschaftsgefühl fehlt. Soziale Initiativen, die Nachbarschaftshilfe, gemeinschaftliche Aktivitäten und bürgerschaftliches Engagement fördern, können das soziale Klima verbessern und Gewaltprävention betreiben. Die Stadtplanung hat ebenfalls eine große Verantwortung: Straßen mit ausreichend Licht, belebte Plätze und eine hohe soziale Präsenz im öffentlichen Raum können potenzielle Täter abschrecken.

In der Präventionsarbeit arbeitet die Charité eng mit Schulen, Jugendzentren und sozialen Einrichtungen zusammen. Das Ziel ist es, das Bewusstsein für die Folgen von Gewalt schon bei Kindern und Jugendlichen zu schärfen und ihnen alternative Wege zur Konfliktlösung aufzuzeigen. Programme zur Gewaltprävention, die Empathie, Selbstbewusstsein und soziale Kompetenz stärken, sind besonders erfolgreich. Außerdem sind targeted interventions for risk groups, such as young men or people with problematic addictive behavior, essential.

Die Medien spielen eine Rolle, die oft umstritten ist. Einerseits helfen Berichte über spektakuläre Gewalttaten, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, andererseits besteht die Gefahr, dass dies zu einer verzerrten Wahrnehmung und einer zusätzlichen Verunsicherung der Bevölkerung führt. Deshalb ist es für Fachleute unerlässlich, dass wir das Thema verantwortungsvoll angehen und differenzierte, faktenbasierte Informationen bereitstellen.

Auch Unternehmen und Arbeitgeber müssen gefordert werden, zur Gewaltprävention beizutragen. Programme, die Zivilcourage stärken, Schulungen für den Umgang mit Konflikten und Anlaufstellen für Gewaltbetroffene am Arbeitsplatz einrichten, können helfen, Gewalt frühzeitig zu erkennen und einzudämmen. Die Charité hilft solchen Initiativen mit ihrem Fachwissen und bietet Beratung sowie Schulung an.

Schließlich ist es auch die Aufgabe der Politik, die Bedingungen für eine effektive Prävention zu schaffen. Es braucht ausreichende finanzielle Mittel für Hilfsangebote und Präventionsprojekte sowie eine konsequente Strafverfolgung von Gewalttätern. Die Gewaltschutzambulanz hat die Erfahrung gemacht, dass es entscheidend ist, Prävention, Intervention und Nachsorge eng miteinander zu verknüpfen, um die Gewaltspirale zu durchbrechen.

Ausblick: Herausforderungen und Perspektiven für 2025 und darüber hinaus

Die Charité-Gewaltschutzambulanz hat im Jahr 2025 eine klare Bilanz gezogen: Die Bekämpfung von Gewalt auf offener Straße gehört zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre. Obwohl die dokumentierten Fälle zunehmen, ist auch die Nutzung der angebotenen Hilfen gestiegen – das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Sensibilisierung und die niedrigschwelligen Zugänge Wirkung zeigen.

Zur selben Zeit haben Politik, Gesellschaft und die Akteure des Hilfesystems mit einer Vielzahl von Herausforderungen zu kämpfen. Eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung, wirtschaftliche Ängste und die bleibenden Folgen der Pandemie setzen das soziale Gefüge stark unter Druck. Es wird immer wichtiger, Präventions- und Interventionsmaßnahmen in alle Bereiche der Gesellschaft zu integrieren. Die Charité hat die Absicht, ihr Schulungsangebot weiter auszubauen und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu stärken. Das Ziel ist es, flächendeckend das Bewusstsein für die Problematik zu schaffen und die Handlungskompetenz aller Beteiligten zu verbessern.

Die Digitalisierung wird ein entscheidender Faktor für die zukünftige Entwicklung sein. Die Chancen und Risiken, die damit verbunden sind, Gewalt zu dokumentieren und Hilfe online anzubieten, entstehen durch die Möglichkeiten des Internets. Digitale Plattformen haben das Potenzial, das Dunkelfeld zu verkleinern, indem sie Betroffenen einen anonymen Zugang zu Hilfe ermöglichen. Sie bergen jedoch die Gefahr, dass Gewaltvideos oder Hassbotschaften verbreitet und Nachahmungseffekte ausgelöst werden.

Die Finanzierung der Präventions- und Hilfsangebote ist ein immer wiederkehrendes Thema. Um die Qualität der Versorgung zu sichern und neue Angebote zu schaffen, sind zusätzliche Mittel notwendig, angesichts der steigenden Fallzahlen und des erhöhten Beratungsbedarfs. Es ist an der Politik, die notwendigen Ressourcen bereitzustellen und innovative Ansätze zu unterstützen.

Die gesellschaftliche Diskussion über Gewalt und ihre Ursachen ist nicht zu vernachlässigen. Nachhaltige Lösungen können nur entstehen, wenn das Thema enttabuisiert und offen besprochen wird. Die Gewaltschutzambulanz der Charité demonstriert eindrucksvoll, wie wichtig es ist, dass Medizin, Justiz, Sozialarbeit und Zivilgesellschaft eng zusammenarbeiten. Man hofft, dass das Bewusstsein für die Problematik in den Jahren nach 2025 weiter wachsen wird und die Bemühungen zur Bekämpfung von Gewalt auf offener Straße Erfolg haben.